Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld - unter Mitarbeit von Matthias Ballod, Jan Engberg, Katja Lochtman, Günter Schmale, Veronica Smith. Saarbrücken: htw saar 2016. ISBN 978-3-942949-11-8

Betonungsfehler im Fachfremdsprachenunterricht

Englisch in der tertiären Bildung –

eine empirische Untersuchung


Ronald Kresta (Gießen)


Abstract (English)

There are frequent and noticeable word stress errors in English-language presenta­tions given by engineering and computer science students in technical English classes at German colleges and universities. When engineers and other professionals use English as a foreign language on the job, incorrect word stress can lead to mis­under­standings, especially when these errors co-occur with mistakes in pronunciation. In an empirical investigation of 308 students, the role of this kind of prosodic errors, including their scope, type and frequency, is analyzed and the results are presented. Based on the corpus data, potential causes of these errors are proposed and exercises are introduced that can be used in class to sensitize students to this problem.
Keywords: English for special purposes, presenting, pronunciation errors, word stress, word stress errors

Abstract (Deutsch)

In englischsprachigen Vorträgen von Fachhochschulstudierenden in technischen Stu­dien­gängen sind häufig auffällige Wortbetonungsfehler festzustellen. Bei der tatsäch­lichen Verwendung des Englischen durch deutsche Ingenieure und andere Fachleute können Wortbetonungsfehler durchaus zu Missverständnissen führen, insbesondere wenn diese in Verbindung mit Aussprachefehlern auftreten. In einer empirischen Unter­suchung von 308 Studierenden wird die Rolle solcher prosodischen Fehler einschließ­lich des Umfangs, der Art und Häufigkeit analysiert, und es werden die Ergebnisse vorgestellt. Auf der Grundlage der Korpusdaten werden mögliche Ursachen für diese Fehler vorgeschlagen und Übungstypen vorgestellt, die im Unterricht eingesetzt wer­den können, um Lernende für dieses Problem zu sensibilisieren.
Stichwörter: Fachsprache Englisch, Vortragstechnik, Aussprachefehler, Wortbetonung, Wortbetonungsfehler


1 Einleitung

Wohl die meisten der im Bereich des Fachfremdsprachenunterrichts Englisch im tertiären Bereich des deutschen Bildungswesens tätigen Dozenten kennen die Aussprache- und Betonungsprobleme ihrer Studierenden oder auch prakti­zierender deutscher Fachleute und arbeiten diese beim Fachsimpeln mit Kol­legen bisweilen gern anekdotisch auf. Besonders solche Situationen, in denen eine inkorrekte Betonung ein Missverständnis verursacht, sind unter Englisch­dozenten beliebte Themen. Zu den typischen Anekdoten zählt beispielsweise der Studierende, der im Englischunterricht angab, er habe als Praktikant in der „/və.‘rɛn.ti/ department“ (statt /‘wɔr.ən.ti/ für warranty) gearbeitet. Noch unter­haltsamer sind Missverständnisse in konkreten Situationen, in denen durch einen Betonungsfehler ein anderes Wort als das gemeinte verstanden wird, wie z. B. im Falle eines deutschen Informatikers, der einer englischen Muttersprach­lerin berichtete: We always put important statistics in the /‘rɛf.ju:s/, die daraus schloss, dass wichtige Statistiken gelöscht werden, da sie statt des beabsichtigten reviews (/,ri.‘vjuwz/) das Wort refuse (Müll, Abfall) verstanden hatte. Einen besonders peinlichen Betonungsfehler beging ein deutscher Elek­trotechniker, als er sagte, dass wichtige „/‘ɪm.pə.dənz/ calculations“ durchge­führt wurden. Das leise Gelächter der englischen Muttersprachler konnte er nicht verstehen, bis er begriff, dass diese impotence calculations (also „Impotenz­berechnungen“) anstelle des gemeinten impedance calculations (/,ɪm ‘pid.ənz/) verstanden hatten.

Es drängt sich somit die Frage auf: Steckt vielleicht mehr hinter solchen sprachlichen Beobachtungen als bloß Anekdoten? Wie häufig sind die Beto­nungsfehler deutscher Lernender des Englischen wirklich, mit welchen Wörtern haben sie die meisten Probleme, und – vor allem – lassen sich diese Fehler systematisieren und erklären? Da sich der Fachfremdsprachenunterricht Eng­lisch auf mehr als Anekdoten stützen sollte, ergibt sich die Notwendigkeit, die Wortbetonungsprobleme deutscher und deutschsprachiger Fachhochschul­studie­render in technischen Studiengängen ausführlich zu untersuchen – mit dem Ziel, Abhilfe für die Lernenden zu schaffen.


Im vorliegenden Beitrag werden die Ergebnisse einer empirischen Untersuch­ung vorgestellt und erklärt. Diese ermöglichen wichtige Aussagen über die Art, den Umfang und die Häufigkeit von Betonungsfehlern bei deutschen und deutschsprachigen Studierenden. Obwohl sich herausstellen wird, dass die analysierten Fehler in vielen Punkten den Erfahrungen der meisten Dozenten für techni­sches Englisch entsprechen, bietet die Empirie eine solidere, wissen­schaftliche Grundlage, auf der pädagogische Entscheidungen im Fachfremd­sprachenunterricht getroffen werden können. Wie viele Themen im Fachfremd­sprachenbereich deutscher Fachhochschulen und technischer Hochschulen wird dieses Thema in der Literatur vernachlässigt. Die vorliegende empirische Studie stellt somit ein Desiderat in der Forschung dar und kann der Verbes­serung des Fachhochschulunterrichts der Fremdsprache Englisch dienen (vgl. ebenfalls Kresta 2014).

2 Allgemeine Überlegungen zur Wortbetonung


In der Phonetik gehört die Wortbetonung zusammen mit den Grenzsignalen, der Tonhöhe und Tonführung zu den suprasegmentalen Elementen – auch prosodische Merkmale genannt (Digeser 1978: 167) – und ist für das Englische bereits ausführlich untersucht worden (z. B. Kingdon 1958, Lehiste 1970, Halle & Keyser 1971, Poldauf 1984, Couper-Kuhlen 1986, van der Hulst 2014). Die Wortbetonung wird im Allgemeinen als ein Laut- und Druckunterschied ver­standen, der zur Hervorhebung einer Silbe in einem mehrsilbigen Wort dient. Diese Hervorhebung geschieht vor allem durch die Lautstärke, einen erhöhten Stimmton und eine längere Artikulationsdauer (Trask 1996: 336). Üblicherweise werden drei Wortbetonungsarten oder -stufen unterschieden: der Hauptton (HT), der Nebenton (NT) und unbetonte Silben (Roach 2010: 75).


Das Betonungsmuster eines Wortes – d.h. die Position des Haupttons und ne­benbetonter oder unbetonter Silben – ist zwar in englischen Wörtern auf bestimmte Silben festgelegt, diese lassen sich durch Regeln aber nur schwer systematisieren. Bezüglich der Vorhersagbarkeit der Betonungsregeln einer Sprache unterscheiden Skandera & Burleigh (2011: 73) Sprachen mit vorher­sagbaren Betonungsmustern (wie das Französische und das Polnische) von Sprachen wie dem Englischen, deren Betonungsregeln relativ „frei“ – d.h. schwer fassbar – sind. Bei diesen Sprachen ist die Vorhersagbarkeit nur unter erheblichen Einschränkungen vorhanden. Lernenden müssen die Betonungs­muster des Englischen daher völlig arbiträr erscheinen. Die Tatsache jedoch, dass englische Muttersprachler bei der Aussprache ihnen unbekannter Wörter wie gigondas (Französisch), moussaka (Griechisch), zaventem (Niederländisch) und tavola (Italienisch) fälschlicherweise jeweils die vorletzte Silbe betonen, legt nach Carrs (2013: 72ff) überzeugenden Ausführungen die Vermutung nahe, dass der englischen Wortbetonung ein regelgeleitetes System zugrunde liegt. Die Zahl der Regeln und Ausnahmen aber ist so groß, dass häufig die Empfeh­lung ausgesprochen wird, das jeweilige Wortbetonungsmuster als Sprachmerk­mal des Einzelwortes zu behandeln, wie dies bei der Aussprache allgemein und ebenso der grammatischen Zugehörigkeit der Fall ist (Roach 2010: 76).


Versuche, in englischen Wörtern Regeln für den Hauptton aufzustellen, basie­ren auf der Silbenstruktur (Roach 2010: 76ff), auf morphologischen Endungen (Arnold & Hansen 1968: 113ff, Fudge 1984: 40ff, Skandera & Burleigh 2011: 74, Carr 2013: 80ff), der Wortart (Carr 2013: 76ff) und der Wortetymologie (Dunstan 1921: 61f, Arnold & Hansen 1968: 111ff, Digeser 1978: 171ff). Hinzu kommen im Englischen Wörter, die mehr als ein Betonungsmuster aufweisen (inquiry, finance (n), translate, comparable), sowie die Unterschiede in der Wortbetonung zwischen den Varietäten des Englischen. Beispiele hierfür sind located, rotating, frustrated und protester, die im BrE auf der vorletzten Silbe, im AmE jedoch auf der ersten Silbe betont werden. Bei einer solchen Vielfalt und scheinbaren Regellosigkeit dürfte es nicht verwundern, dass Studierende in diesem Bereich auf Schwierigkeiten stoßen.

3 Die Untersuchung

3.1 Das Korpus


Für die Untersuchung der Betonungsprobleme deutscher bzw. deutschsprachi­ger Lernender des Englischen wurde die mündliche Leistung von insgesamt 308 Studierenden analysiert. Die Studierenden verteilten sich auf 19 Gruppen mit Teilnehmerzahlen von vier bis 23 und waren in Master- oder Bachelorstu­diengängen in den Fachbereichen Informatik, Verfahrenstechnik, Angewandte Chemie und Maschinenbau eingeschrieben. Die Studierenden der ersten drei Fachbereiche studierten an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, wäh­rend die Maschinenbaustudierenden an der Technischen Hoch­schule Mittel­hessen (THM) ihr Studium an den Standorten Gießen und Fried­berg be­trieben. Einzelheiten zur Aufteilung der untersuchten Lernenden sind in Tabelle 1 aufgeführt:


Fachbereich
Anschluss
Gruppen
Teilnehmerzahl
Anteil in Prozent
Verfahrenstechnik
Bachelor
8
146
47
Informatik
Master
4
54
18
Angewandte Chemie
Master
2
29
9
Maschinenbau
Master
3
68
22
Maschinenbau
Bachelor
2
11
4


19
308
100

Tab. 1: Aufteilung der Studierenden im Korpus

Alle Lehrveranstaltungen außer derjenigen im Bachelorstudiengang Maschinen­bau waren im jeweiligen Studiengang Pflichtveranstaltungen. Etwas weniger als die Hälfte der untersuchten Lernenden studierte Allgemeine Verfahrenstechnik oder Energietechnik in der Fakultät Verfahrenstechnik, während knapp ein Fünftel der Studierenden zum Fachbereich Informatik gehörte, in dem die zwei Masterstudiengänge Informatik und Wirtschaftsinformatik angeboten werden. Mit 9 % machten die Studierenden des Masterstudiengangs Angewandte Che­mie der gleichnamigen Fakultät die kleinste Nürnberger Gruppe aus. Im unter­suchten Zeitraum änderte der Fachbereich Angewandte Chemie die Studien­ordnung für den Masterstudiengang, indem Englisch als Pflichtveran­staltung abgeschafft wurde, so dass für diese Gruppe nur eine Studiengangs­kohorte untersucht werden konnte. Weitere Erklärungen für die ungleiche Verteilung der Studierenden sind einerseits in den unterschiedlichen Größen der Fachbereiche und andererseits in der Häufigkeit des Angebotes im jeweili­gen Studiengang zu suchen. Die kleineren Zahlen in den Masterstudiengängen resultieren daraus, dass in diesen allgemein geringere Teilnehmerzahlen als in Bachelorstudien­gängen vorliegen, auch wenn der Englischkurs in den Fakultäten Informatik und Maschinenbau jedes Semester angeboten wurde. Im Fachbereich Verfahrens­technik waren in den zwei angebotenen Bachelor­studiengängen über 150 Studierende eingeschrieben, allerdings wurde der Sprachkurs nur jedes zweite Semester angeboten. Mit 4 % machen die Maschinenbauer im Bachelorstudien­gang an der THM Gießen / Friedberg die kleinste Gruppe aus – vermutlich weil der Englisch­kurs mit zwei Pflichtvorträgen im letzten Semester des Untersu­chungszeitraums zum zweiten Mal als Wahlpflichtkurs angeboten wurde und deshalb im Fachbereich noch nicht bekannt war.


Fast alle Studierenden (91 %) sprachen Deutsch als Muttersprache. Nur 28 Studierende (9 %) hatten ihre Schulausbildung entweder teilweise oder ganz in einem nicht-deutschsprachigen Land verbracht, sprachen aber fließend Deu­tsch. Im Großen und Ganzen haben sich diese Studierenden der deutschen Kultur angepasst und die deutsche Sprache erworben, so dass die meisten bei ihnen festgestellten Betonungsfehler im Englischen im Grunde mit denen ihrer deutschen Kommilitonen identisch sind. Obwohl 16 der 28 oben erwähnten Studierenden entweder ihre Schulausbildung im nicht-deutschsprachigen Aus­land abgeschlossen oder den größten Teil ihrer Schulzeit außerhalb des deut­schen Sprachraums verbracht hatten, unterschieden sich ihre Betonungsfehler nicht wesentlich von denen ihrer Kommilitonen.


Der Untersuchungszeitraum der Untersuchung betrug dreieinhalb Jahre: vom Wintersemester 2012 / 2013 bis zum Sommersemester 2015 / 2016. In ihren Lehrveranstaltungen sollten die Studierenden zwei Fachvorträge von je 10 bis 15 Minuten halten. Die Dauer der Vorträge wurde mit HiIfe einer Stoppuhr fest­gehalten, die Vorträge wurden aber aus Datenschutzgründen nicht aufgezeich­net. Stattdessen wurden während der Vorträge sprachliche Fehler notiert, und es wurde für jeden Vortragenden zeitnah ein Bewertungsbogen erstellt, in dem Angaben zur Vortragstechnik, Aussprache, Grammatik und Lexik zusammen­gefasst wurden. Die Betonungsfehler wurden im Aussprache­teil der Bewer­tung verzeichnet. Während der Phase der Datensammlung wurden zur Erleich­terung der Datenanalyse Datenbanken und Tabellen in Word erstellt.

3.2 Allgemeine Ergebnisse


Für die 616 im Untersuchungszeitraum gehaltenen Vorträge wurden sämtliche Vorkommen aller festgestellten Betonungsfehler gezählt. Die Häufigkeit der ein­zelnen Betonungsfehler in den Vorträgen war dabei sehr unterschiedlich: Wäh­rend manche Fehler nur einmal im Vortrag auftraten, kamen andere mehrfach vor. In der vorliegenden Studie werden lediglich die Betonungsfehler pro Vortra­gendem berücksichtigt, nicht jedoch jedes einzelne Auftreten eines gegebenen Betonungsfehlers.


Weiterhin ist festzuhalten, dass bei knapp einem Fünftel der Vortragenden die Wortbetonung bei einigen Wörtern variierte: In demselben Vortrag wurde für das gleiche Wort, das mehrfach vorkam, hier die korrekte und dort eine inkorre­kte Wortbetonung verwendet. Diese Fälle wurden als Betonungsfehler gezählt, wenn die meisten Fälle mit einem Betonungsfehler ausgesprochen wurden. An­sonsten waren bei allen anderen festgestellten Betonungsfehlern innerhalb eines Vortrags keine Schwankungen zwischen der richtigen und einer abwei­chenden Betonung zu beobachten. In den Vorträgen waren ebenfalls Beto­nungsmuster vorhanden, die zu einer Mischung der englischen Varietäten füh­ren, wie z. B. located mit der Betonung auf der vorletzten Silbe (statt auf der ersten Silbe wie im AmE) bei einem ansonsten amerikanischen Aussprache­vorbild, oder laboratory mit der Betonung auf der ersten Silbe (statt auf der zweiten wie im BrE) bei einem ansonsten britischen Vorbild. Solche Fälle wurden nicht als Fehler gezählt. Betonungsmuster jedoch, die zwar im Engli­schen vorkommen, aber auch hier als inkorrekt, regional oder zumindest nicht als Standard gelten, wie beispielsweise report mit der Betonung auf der ersten Silbe, wurden als Fehler gewertet.


Insgesamt wurden 115 Stunden und 12 Minuten zusammenhängender Rede beobachtet. Über zwei Drittel der Redner (67,5 %) trug ihre Präsentationen mehr oder weniger spontan bzw. natürlich vor, während die restlichen Vortragenden ihre Vorträge entweder zum Teil oder vollständig ablasen. Die durchschnittliche Redezeit für beide Vorträge pro Vortragendem betrug knapp 22,4 Minuten, und die durchschnittliche Zahl von Fehlern pro Vortragendem lag bei 8,9. Die Zahl der Fehler pro Vortragendem in den zwei Vorträgen reichte von null bis 26 Betonungsfehlern – jeweils bei einem Studierenden. Es wurden insgesamt 2747 Betonungsfehler und 1056 falsch betonte Wörter gezählt. 80 % der falsch betonten Wörter bestanden aus zwei (23 %), drei (30 %) oder vier (27 %) Silben. Nach Abzug morphologischer Ableitungen (wie z. B. developed und developing) und Mehrfachkategorisierungen (wie beispielsweise die Anfangs- und Endbe­tonung von develop (/‘dɛv.ə.,lo:p/ und /,dɛv.ə.‘lo:p/) blieben 906 verschiedene Wörter im Korpus, die falsch betont wurden. Bei den meisten Wörtern (92 %) handelte es sich um Simplizia, bei den restlichen 82 Wörtern um Komposita.


Eine weitere interessante Statistik zeigt, dass die Gruppe der häufigsten Be­tonungsfehler nur wenige Wörter beinhaltet: 6 % der falsch betonten Wörter machen 46 % der Betonungsfehler aus, und 71 Wörter (7,8 %) stellen bereits 51,1 % aller Fehler dar. Andererseits sind im Korpus 842 falsch betonte Wörter, die bei jeweils nur einem Studierenden vorkamen. Diese Zahl entspricht lediglich 30,6 % aller Betonungsfehler, aber 93 % der falsch betonten Wörter. Die 71 häufigsten Betonungsfehler sind in Tabelle 2 aufgeführt. Die in der rechten Spalte angegebenen Werte beziehen sich dabei auf die Zahl der Studierenden, die den jeweiligen Fehler begingen. Für die Wörter develop, parameter, analysis und development wurden jeweils zwei Fehlertypen fest­gestellt 1) develop (an 12. Stelle) und develop (an 40. Stelle); 2) parameter (an 13. Stelle) und parameter (an 71. Stelle); 3) analysis (an 18. Stelle) und analysis (an 45. Stelle) und schließlich 4) development (an 31. Stelle) und development (an 58. Stelle). Nach Abzug dieser vier Doppelklassifizierungen verblieben im Korpus 71 verschiedene, falsch betonte Wörter, die über die Hälfte (1403 Fehler bzw. 51,1 %) aller festgestellten Betonungsfehler aus­machten. Zu diesen 71 Wörtern zählen sowohl allgemeinsprachliche Lexe­me wie interesting, percent, mistake, request als auch fachspezifische Voka­beln, wie z. B. electrolysis, polymer, membrane und particle1:


Fehler
Zahl
1
interesting
93
2
component
78
3
engineer
75
4
engineering
72
5
process
53
6
report
52
7
interested
39
8
operate
35
9
percent
33
10
surface
33
11
program
30
12
develop
26
13
parameter
26
14
result
26
15
Excel
25
16
determine
24
17
diameter
24
18
analysis
24
19
employee
23
20
cylinder
22
21
vehicle
20
22
fourteen (2014)
20
23
years old
20
24
generator
19
25
exam
17
26
product
17
27
dioxide
16
28
generate
16
29
good afternoon
16
30
display
15
31
development
15
32
particle
15
33
monitor
15
34
machine
14
35
compound
14
36
purpose
14
37
colleague
13
38
transfer
13
39
thirteen (2013)
12
40
develop
11
41
electrolysis
11
42
industry
11
43
polymer
11
44
cooperation
11
45
analysis
10
46
Berlin
10
47
series
10
48
square meter
10
49
world war
10
50
mistake
9
51
request
9
52
separate (v)
9
53
laboratory
9
54
main part(s)
9
55
access
8
56
fluid
8
57
deposit
7
58
development
7
59
technique
7
60
accuracy
7
61
membrane
7
62
turnover
7
63
analyze
7
64
evaporate
7
65
format
7
66
sensors
7
67
professor
6
68
effort
6
69
internship
6
70
maintenance
6
71
parameter
6
72
complicated
6
73
evaporator
6
74
investigate
6
75
worldwide
6

Während die Fehlerhaftigkeit der allgemeinsprachlichen Lexeme wahrscheinlich bei allen Studierenden bzw. deutschen Fachleuten festgestellt werden könnten, würde eine ähnliche Untersuchung von Studierenden in anderen Studiengän­gen – wie beispielsweise den Wirtschaftswissenschaften – vermutlich andere fachspezi­fische Wortbetonungsprobleme zu Tage fördern. Die Häufigkeit man­cher Betonungsfehler wie z. B. Excel und interesting lässt vermuten, dass eine lokalisierte Ausprägung des Englischen – als „deutsches“ Englisch – im deu­tschen Sprachraum allmählich einen Standardstatus annimmt.

3.3 Fehlerklassifizierung


Bei der Korpusanalyse zeigte sich, dass Betonungsfehler bei allen herkömm­lichen Betonungsstufen (Haupt-, Nebenton und unbetonte Silben) so­wohl in Einzelwörtern als auch in Zusammensetzungen auftraten. Für die Klassifi­zierung der Betonungsfehler wurden die folgenden vier Kriterien zugrundege­legt:

  • die Richtung der Verschiebung des Haupttons im englischen Wort
  • die Zahl der verschobenen Silben im jeweiligen Wort
  • die Tilgung oder Hinzufügung eines Nebentons im Wort
  • das Unterlassen der schwebenden Betonung

Die ersten beiden Kriterien sind für Abweichungen in der Realisierung des Haupttons relevant, während das dritte Kriterium Nebentonfehler betrifft. Das vierte Kriterium bezieht sich auf Betonungsfehler, die ausschließlich in Zusam­mensetzungen vorkommen. Daraus ergeben sich für die Klassifizierung der festgestellten Betonungsfehler drei Hauptkategorien:

1) Haupttonabweichungen

2) Nebentonabweichungen und

3) abweichende Betonung in Komposita

Diese Kategorien werden im Folgenden näher erläutert.

3.3.1 Haupttonabweichungen


Bei Haupttonabweichungen entsteht ein Betonungsfehler aufgrund einer Ver­schiebung des Haupttons um eine bestimmte Silbenzahl nach links oder nach rechts. Daher wird diese Kategorie weiter in Linksverschiebungs- (LV-) bzw. Rechtsver­schiebungsfehler (RV-Fehler) unterteilt. Da in den analysierten Kor­pusbeispielen die verschobene Silbenzahl zwischen einer und drei Silben liegt, werden diese beiden Verschiebungsfehlertypen ihrerseits jeweils in drei weitere Untergruppen unterteilt. In den Tabellen 2 und 3 ist die Aufteilung der Haupt­tonabweichungen mit entsprechenden Beispielen aus dem Korpus dargestellt:

Verschobene
Silbenzahl
Beispiele
LV1
percent, machine, component, develop, determine,
LV2
guarantee, engineer, engineering
LV3
acceleration, contamination

Tab. 2: Linksverschiebungsfehler (LV)

Verschobene
Silbenzahl
Beispiele
RV1
concept, patent, cylinder, particle
RV2
monitor, interested, interesting, tabulated
RV3
categorized, preparatory
Tab. 3: Rechtsverschiebungsfehler (RV)

3.3.2 Nebentonabweichungen


Betonungsfehler, die auf einen abweichenden Nebenton zurückzuführen sind, entstehen dadurch, dass der Englischlernende entweder eine unbetonte Silbe mit Nebenton ausspricht oder umgekehrt eine nebenbetonte Silbe als unbetonte Silbe realisiert. Daraus ergeben sich für die Fehlerklassifizierung zwei Arten von Nebentonabweichungen:

1) Eine unbetonte Silbe im englischen Wort wird mit Nebenton ausgesprochen und

2) Eine nebenbetonte Silbe im englischen Wort wird unbetont (d.h. als /ə/) realisiert.

Beispiele für diese beiden Untergruppen finden sich in Tabelle 4:
Nebentonabweichung
Beispiele
unbet. Silbe ð NT
surface, flammable, corporate
NT  unbet. ð Silbe
cathode, format, finite
Tab. 4: Nebentonabweichungen
Die Hinzufügung eines Nebentons im Wort führt notwendigerweise zu einer Phonemsubstitution. In den obigen Beispielen wird beispielsweise /ə/ jeweils durch /ɛɪ/ ersetzt (wie z. B. /‘flɛm.,ɛɪ.bl/ statt Englisch /‘flæm.ə.bɫ/) für flammable).

3.3.3 Abweichende Betonung in Komposita


Bei dem Fehlertyp Betonungsabweichung in Komposita handelt es sich um die Unterlassung der schwebenden Betonung – auch Doppelbetonung genannt (Scherer & Wollmann 1972: 203ff) – in englischen Komposita. Unter dem Be­griff schwebende Betonung (Englisch level stress) versteht man die gleich starke Betonung zweier Elemente in einem Wort oder einer Zusammensetzung (Arnold & Hansen 1968: 117). Fudge (1984: 136) nennt solche Fälle phrasal stress patterns und unterscheidet weiterhin englische Komposita mit Anfangs­betonung (ice cream) und solche mit Endbetonung (dollar bill).


Bei den 82 festgestellten, falsch betonten Komposita wird jeweils der zweite Bestandteil der Zusammensetzung mit Nebenton ausgesprochen. Auch wenn eine unbetonte Silbe zwischen den beiden hauptbetonten Bestandteilen eines englischen Kompositums vorkommt, ist der Betonungsfehler der gleiche:

Abweichung in Kompositum
Beispiele
HT+HT ð HT+NT
main part, square meter,
years old, steel cable
HT+unbet.+HT ð HT+unbet+NT
company premises,
Middle Ages, moving parts
Tab. 5: Abweichende Betonung in Komposita
Obwohl die schwebende Betonung auch im Deutschen vorkommt – z. B. in vielen Adjektivzusammensetzungen wie steinreich, stockfinster, spottbillig – wird gele­gentlich die Vermutung geäußert, dass sie im Englischen häufiger auftrete als im Deutschen (Scherer & Wollmann 1972: 204). Eher zutreffend ist hingegen wohl die Feststellung, dass die Doppelbetonung im Englischen und im Deutschen unterschiedlich verteilt ist. Das gleiche Betonungsmuster kommt zwar in beiden Sprachen vor, aber nicht bei denselben Lexemen (Arnold & Hansen 1968: 117).

3.3.4 Fehlertypen im Korpus – Tendenzen


Die festgestellten Fehlerkategorien sind im Korpus unterschiedlich groß ausgefallen; die wichtigsten Tendenzen sollen in diesem Kapitel besprochen werden. Fehler wie report (LV1), process (RV1) und interesting (RV2) machen im Korpus über drei Viertel (75,2 %) aller identifizierten Betonungsfehler und knapp drei Viertel (73,4 %) aller falsch betonten Wörter aus (Tabelle 7). Die drei Kategorien unbetonte Silbe NT (wie z. B. /‘pöɐ̭.,tʃɛɪs/ für purchase), fehlende schwebende Betonung und LV2-Fehler machen zusammen weitere 20 % der Betonungsfehler und 21 % aller falsch betonten Wörter aus. Bei der Kategorie LV2 bilden die zwei Wörter engineering und engineer 86 % aller LV2-Fehler.

Die restlichen 3,2 % der Fehler verteilen sich über die Kategorien NT unbet. Silbe (z. B. /fɔɐ̭.mət/ anstatt /‘fɔ(r).,mæt/ für format), LV3 und RV3. Die für die neun aufgestellten Fehlertypen ermittelten Tendenzen sind in Tabelle 6 dargestellt:
Gruppe
Fehlerzahl
Fehler (%)
HT-Abweichungen


LV 1
768
28,0
LV 2
172
6,2
LV 3
4
0,1
RV 1
752
27,4
RV 2
544
19,8
RV 3
20
0,7

NT-Abweichungen


NT unbet.
65
2,4
unbet. NT
197
7,2

Keine schwebende Betonung
225
8,2
Gesamt
2747
100,0
Tab. 6: Fehlertypen - Tendenzen
Nach Gruppen aufgeteilt, machen die Haupttonabweichungen die weitaus meisten Betonungsfehler aus (82,2 %), während die Prozentwerte für die Kate­gorien Nebentonabweichungen und fehlende schwebende Betonung deutlich geringer ausfallen. Unter den Haupttonabweichungen überwiegen die Rechts­verschiebungsfehler (47,9 % aller Fehler), während Linksverschiebungs­fehler etwas mehr als ein Drittel (34,3 %) der festgestellten Betonungsfehler aus­machen. Sowohl bei Links- als auch bei Rechtsverschiebungsfehlern kann zudem festgehalten werden, dass die Betonung in der Mehrheit der Fälle (81,4 % aller Fehler) um eine oder zwei Silben verschoben wird. Die Untergrup­pen RV3 und LV3 machen lediglich 0,8 % aller Betonungsfehler aus. Obwohl die Nebentonabweichungen und die fehlende schwebende Betonung weniger als ein Fünftel (17,8 %) aller Betonungsfehler betragen, ist dies kein Hinweis darauf, dass diese Kategorien weniger signifikant sind, da die Vorkommenshäufigkeit solcher Wörter gegenüber der Gruppe der Wörter mit Haupttonabweichungen vermutlich niedriger liegt.

4 Interpretation der Daten

4.1 Fehlerursachen bisherige Erklärungsversuche


Zwar lassen sich in den herkömmlichen Phonetik-Handbüchern (Arnold & Han­sen 1968, Digeser 1978, Scherer & Wollmann 1972) viele brauchbare Hinweise zu Problemen finden, die deutsche Lernende mit der Betonung im Englischen haben. Es sind jedoch offensichtlich nur wenige Studien vorhanden, in denen solche Probleme empirisch untersucht werden. Eine interessante Studie dieser Art ist Erdmann (1973: 229ff), der die Betonungsfehler deutscher Lernender bei der Aussprache von englischen Adjektiven auf die vier Endungen (-al, -ative, -able und -atory) untersucht. Bei den Adjektiven handelt es sich ausschließlich um Wörter, für die es die entsprechenden Fremdwörter im Deutschen gibt und die dort auf (-al, ativ, -abel und -atorisch) enden. Sein Korpus bestand aus 94 deutschen Lernenden – 58 Schülern und 36 Studierenden im ersten Semester. Die Probanden sollten Listen von Adjektiven (einzelnen Wörtern) vorlesen und die hauptbetonten Silben nennen.


Erdmann stellt nach seiner Korpusanalyse eine sogenannte Pseudo-Beto­nungsregel auf, wonach die Hauptbetonung in den englischen Wörtern auf der Silbe liegt, die unmittelbar links von der hauptbetonten Silbe im entsprechenden deutschen Wort steht. Das Wort orthogonal z. B. wird im Deutschen endbetont, und somit wird es laut Erdmanns Betonungsregel von deutschen Lernenden auf der vorletzten Silbe (orthogonal) – anstatt auf der drittletzten Silbe wie im Englischen – betont. Im vorliegenden Korpus ist dieses Wort auch vorhanden, allerdings lag die Hauptbetonung nicht auf der vorletzten Silbe – wie Erdmanns Regel voraussagt – sondern auf der ersten Silbe. Die Regeln für die Setzung des Haupttons stellen laut Erdmann (1973: 229ff) eine Modifikation derjenigen Regeln dar, die deutsche Muttersprachler beherrschen. Seine Schlussfolgerung lautet, dass die analysierten Betonungsfehler nicht die Folge von negativem Transfer (Interferenz) sein können, sondern auf ein dazwischenliegendes System (intermediate rule system) hinweisen, das weder Deutsch noch Eng­lisch ist, das aber von Lernenden für Englisch gehalten wird.


Diese Interpretation trifft nur teilweise zu: Endungen können durchaus an einer fehlerhaften Betonung beteiligt oder sogar die Hauptursache dafür sein. Auch in dem hier vorgestellten Korpus wurde festgestellt, dass die Hauptbetonung bei bestimmten Endungen systematisch verschoben wird. Bei Fehlern wie z. B. electrolysis und analysis wird die Hauptbetonung um eine Silbe nach rechts und bei Fehlern wie calculator, evaporator und generator um zwei Silben nach rechts verschoben. Diese Verschiebungsfehler sind jedoch keine Belege für ein dazwischenliegendes System zumindest nicht in Bezug auf die Wortbeto­nung. Hinsichtlich der Ursachen für solche Fehler scheinen vielmehr die ent­spre­chenden L1-Betonungsmuster in Wörtern mit den Endungen -lyse und -ator eine Rolle zu spielen.


Erdmanns Schlussfolgerung, dass das Vorhandensein bestimmter Wortakzent­verlagerungen auf ein dazwischenliegendes System hinweist, erscheint den­noch durchaus plausibel – und zwar insofern, als man bei der Erlernung von L2 ein solches System grundsätzlich annehmen kann. Dass dieses hybride System jedoch durch die Modifikation von L1-Regeln durch Englischlernende entstehen soll, leuchtet nicht vollkommen ein. Erdmanns Erklärungen für solche Fehler rühren vermutlich daher, dass er von deutschen Betonungsmustern ausgeht und nicht von englischen, wie in der vorliegenden Studie. In dem oben erwähn­ten Beispielfehler orthogonal (für Englisch orthogonal) wird laut Erd­mann die Betonung um eine Silbe nach links verschoben, während in der vorlie­genden Studie ein solcher Fehler als ein Rechtsverschiebungsfehler um eine Silbe (RV 1) kategorisiert wird. Gleichgültig, ob von deutschen oder von englischen Betonungsverhältnissen ausgegangen wird, lässt – wie Erdmann richtig aus­führt – die fehlerhafte Betonung englischer Wörter mit struktur­gleichen deut­schen Entsprechungen wie component, machine und parameter und ebenso die fehlerhafte Betonung englischer Wörter ohne strukturgleiche deut­sche Entsprechungen wie determine, develop und result – nicht auf einen negativen Transfer schließen, da in beiden Fällen – mit einem und ohne ein strukturell identisches Vorbild in der L1 – deutsche Betonungsmuster nicht auf englische Wörter übertragen werden. Die Frage, die noch zu klären sein wird (vgl. 4.2), lautet daher: Wie kann ein solches, hybrides System entstehen?

Eine weitere Untersuchung, in der Betonungsfehler bei einer größeren Zahl deutscher Lernender untersucht wurden, ist diejenige von Dretzke (1985), der sich auch mit den Hauptursachen für die Betonungsfehler deutscher Lernender befasst. In seiner ausführlichen Studie über die Ausspracheprobleme von etwa 400 Anglistikstudierenden im ersten Semester analysierte er – einschließlich der Wortbetonung – 24 Merkmale, die in informellen Lesetests fehlerhaft ausge­sprochen wurden. Im Mittelpunkt seiner empirischen Studie standen jedoch nicht die Häufigkeit bestimmter Aussprachefehler, sondern die Bewer­tungen von Aussprachefehlern in 24 auf Tonband gesprochenen Texten durch 225 Muttersprachler des Englischen. Dretzke (1985: 177f) unterscheidet dabei zwei Arten von Wortbetonungsfehlern, die „typisch deutsche Falschausspra­chen“ darstellen:
  1. Fehler, bei denen das deutsche Betonungsmuster auf englische Wörter über­tragen wurde“ (Dretzke 1985: 177), und
  2. Fehler, die „primär intralingualer Natur sind“. (Dretzke 1985: 178)
Als Beispiele für die zweite Gruppe werden lediglich vier Verben mit Anfangs­betonung angegeben (records, object, connect und confirm), die im Englischen endbetont werden (Dretzke 1985: 178). Unter dem Begriff intralin­guale Fehler werden in der Zweitspracherwerbsforschung solche Fehler ver­standen, die auf eine unvollständige Erlernung bzw. Anwendung von L2-Regeln durch den Lernenden hinweisen (Ellis 2008: 53). Intralinguale Fehler werden auch als Erwerbsfehler (developmental errors) bezeichnet, da sie den Fehlern ähneln, die Kinder beim Erstspracherwerb begehen (Ellis 2008: 53).

4.2 Fehlerursachen – ein neuer Erklärungsversuch


Obwohl die von Dretzke (1985) vorgeschlagene Zweiteilung von Ursachen für Betonungsfehler im Englischen durch deutsche Lernende im Großen und Gan­zen bestätigt werden kann, erlauben die in der vorliegenden Untersuchung ermittelten empirischen Daten eine wichtige Präzisierung seiner zweiten Kate­gorie der intralingualen Betonungsfehler. Für die analysierten Korpusdaten lässt sich feststellen, dass die intralingualen Fehler Fälle von Übergeneralisierung (Selinker 1972) darstellen, da durch Linksverschiebungs­fehler L2-Betonungs­muster entstehen, die im Englischen häufig vorkommen, jedoch bei anderen Wörtern. Für die Wortbetonungsfehler deutscher Fachhochschulstudierender in technischen Studiengängen gibt es also zwei Hauptursachen:

1) negativer Transfer, also die Übertragung deutscher Betonungsmuster auf englische Wörter, und

2) Übergeneralisierung, also die Ausweitung einer Betonungsregel auf Wörter, für die diese Regel nicht gilt.

Somit können für die Betonungsfehler deutscher Fachhochschulstudierender zwei der fünf von Selinker bereits 1972 postulierten, zentralen kognitiven Pro­zesse bestätigt werden, die beim Zweitspracherwerb eine wichtige Rolle spie­len. Außer der Interferenz und der Übergeneralisierung nennt Selinker allgemeine Lernstrategien (z. B. Vereinfachung), kommunikative Strategien und den Transfer von Unterrichtssprache.

4.2.1 Negativer Transfer


In der Zweitspracherwerbsforschung wird allgemein akzeptiert, dass der nega­tive Transfer im phonetisch-phonologischen Bereich zweifelsfrei vorhanden ist (Odlin 2003: 439, Ellis 2008: 55). Die hier ermittelten Korpusdaten belegen, dass auch im Falle von Betonungsfehlern der negative Transfer eine sehr wichtige Rolle spielt: Von deutschen Betonungsmustern wird eindeutig Ge­brauch gemacht, auch wenn diese mit englischen Regeln vermischt werden. Bei Fehlern wie patent, spare parts und sensors (d.h. /‘sɛn.,zɔɐ̭z/ statt /‘sɛn.sə(r)z/) ist der negative Transfer zweifelsohne vorhanden. Bei vielen Feh­lern ist die Interferenz zumindest ein an der realisierten Wortbetonung betei­ligter Prozess, der mit englischen Ausspracheregeln vermischt wird, wie z. B. in mechanism, interesting, interested, purpose und actuator.


Knapp zwei Drittel (65,7 %) der analysierten Betonungsfehler scheinen die Folge von negativem Transfer zu sein. Bei der fehlenden schwebenden Beto­nung (z. B. main part) und allen Rechtsverschiebungsfehlern (z. B. processing) werden deutsche Betonungsmuster auf englische Wörter übertragen. Im Falle der Nebentonabweichungen wie /‘söɐ̭.,fɛɪs/ (statt /‘sɝ.fəs/ für surface), wird die historische Orthografie im Englischen durch die phonemische Rechtschreibung im Deutschen falsch interpretiert. In der Forschung ist dieser Fehlertyp als Rechtschreibinterferenz bekannt (Carey 2009). Auch bei Linksverschiebungs­fehlern mag in Ausnahmefällen der negative Transfer eine Rolle spielen, z. B. bei Entlehnungen aus dem Englischen, bei denen sich im Deutschen die Betonung verschiebt, wie etwa Excel (Englisch Excel), und dann auf das Englische übertragen wird.



4.2.2 Übergeneralisierung


Bei etwas mehr als dem übrigen Drittel der Fehler im Korpus (34,3 %) wurden Linksverschiebungen festgestellt – oft mit dem Hauptton auf der Anfangssilbe (technique, hotel, Excel). Solche Fehler scheinen das Resultat eines vermeint­lichen Versuchs seitens der Englischlernenden zu sein, bestimmte Wörter „Englisch“ klingen zu lassen. Lernende gehen jedoch nicht von L1-Regeln aus, wie von Erdmann vorgeschlagen, sondern vielmehr von der allgemeinen Ten­denz im Englischen, wonach besonders bei englischen Substan­tiven die An­fangssilbe häufig betont wird. Über die Hälfte aller Linksverschie­bungsfehler im Korpus sind Substantive (component, engineer), wobei einschränkend erwähnt werden soll, dass zwei häufige LV-Fehler (determine [‘dɛt.ə(r).,maɪn] und develop [‘dɛv.ə.l əp]) Verben sind.


Diese allgemeine Tendenz der Anfangsbetonung im Englischen die bereits 1857 von dem bekannten Gymnasiallehrer Franz Ahn (157: 46ff) erkannt wur­de, wird nicht selten auch in Phonetik-Handbüchern erwähnt, in denen versucht wird, Betonungsregeln aufzustellen, auch wenn es freilich zahlreiche Ausnah­men gibt (Roach 2010: 76ff, Arnold & Hansen 1968: 111ff). Das bedeutet, dass diese Fehler durch Übergeneralisierung entstehen. Studierende in den techni­schen Studiengängen haben die häufige Anfangsbetonung im Englischen erkannt und verinnerlicht, wenden diese Regel aber bei den falschen Wörtern an. In der Zweitspracherwerbsforschung wird unter dem Begriff Übergenerali­sierung eine Ausweitung einer L2-Regel auf Strukturen verstanden, für die diese Regel nicht gilt (Ortega 2009: 94f, Grosjean 2001: 12, Tarone 2001: 477, Selinker 1972: 217f). Die ausgeweitete L2-Regel scheint eine Regel zu sein, die Lernende einfach finden und leicht verinnerlichen können (Ellis 1997: 19). In der Forschung wird die Übergeneralisierung bisweilen als ein Beispiel für einen allgemeinen kognitiven Prozess beim Erst- und Zweitspracherwerb angeführt und dient als Beweis für das Vorhandensein einer Universalgrammatik bzw. eines von Chomsky postulierten universellen Spracherwerbsmechanismus (language acquisition device (LAD) (Major 2001: 3f, Ellis 1997: 32).


Bei einigen wenigen Fehlern könnte die Analogie im engeren Sinne als plausi­ble Erklärung angenommen werden. Besonders bei Substantiven könnte ein Betonungsfehler durch die falsche Analogiebildung mit ähnlichen englischen Wörtern verursacht werden wie z. B. questionnaire und engineer in Analogie zu question bzw. engine. Dies wird auch bei Erdmann (1973: 240) als mögliche Ursache erwähnt. Bei den Korpusdaten jedoch fällt dies als wichtige Tendenz kaum ins Gewicht.



4.2.3 Betonungsfehler und Verständlichkeit


In der Forschung wird oft der Frage nachgegangen, inwieweit Betonungsfehler zu einem Missverständnis führen bzw. die erfolgreiche Kommunikation stören können. Benrabah (1997: 160) zum Beispiel vertritt die Meinung, dass jeglicher durch Lernende begangene Betonungsfehler wahrscheinlich zu einem Missver­ständnis führt. Dretzke (1985: 178) stellt fest, dass ein „fremdartiges Wortbeto­nungsmuster das Verstehen erheblich erschwert“. In seiner empirischen Unter­suchung über die Bewertung von Aussprachefehlern durch 225 Muttersprachler des Englischen wurde ermittelt, dass sich falsch betonte Wörter im schlech­testen Drittel der Bewertungen befinden. Ob Betonungsfehler in Kombination mit Phonemsubstitution wie beispielsweise /,ɛn.ə.‘laɪ.sɪs/ (statt /ə.‘næl.ə.sɪs/) für analysis eine noch beeinträchtigendere Wirkung auf die Verständlichkeit haben als ein bloßer Betonungsfehler, bleibt laut Dretzke noch herauszufinden.


Gimson (zit. nach Dretzke 1985: 178) ist der Ansicht, dass englische Mutter­sprachler eine abweichende Lautung einschließlich falsch betonter Wörter im Sinne der „korrekten“ Lautung neu interpretieren und letzten Endes das Ge­meinte verstehen, da der Kontext, in dem eine Abweichung auftritt, meistens ausreichende Hilfe für das korrekte Verständnis ermöglicht. In der vorliegenden Untersuchung kann diese Feststellung Gimsons bestätigt werden. Lediglich 88 Betonungsfehler (3,8 %) hätten in einer konkreten – also nicht simulierten – Situation wahrscheinlich zu Verständnisproblemen geführt, vermutlich weil diese Betonungsfehler in Kombination mit Phonemsubstitutions­fehlern auftraten und die beabsichtigte Bedeutung sich durch den Kontext nicht erschließen ließ. Wie Dretzke (1985: 177f) ausführt, könnten Betonungsfehler in Kombination mit Vokalsubstitutionen viel eher zu Verständnisproblemen führen. Korpusbeispiele wie /‘saɪ.rɪndʒ/ statt /sə.‘rɪndʒ/ für syringe oder /və.‘raɪ.ə.bl/ statt /‘vær.i.ə.bɫ/ für variable stellen überzeugende Belege für diese Vermutung dar. Wie die ein­gangs erwähnten Anekdoten zeigen, werden Missverständnisse durch Be­tonungsfehler vermutlich am häufigsten dann verursacht, wenn durch den Fehler die Interpretation eines anderen Wortes in demselben Kontext möglich ist, wie z. B. /ɛk.‘sɛs/ statt /‘æk.,sɛs/ für access, das als engl. excess interpretiert werden könnte. Ohne ausreichenden Kontext könnte auch die fehlende schwe­bende Betonung zu einem Missverständnis führen, da dieser Fehler als Kontrastbetonung verstanden werden könnte. Bei Fehlern wie the main part oder the steel cable (anstatt Englisch the main part bzw. the steel cable) beispielsweise könnte die erfolgreiche Kommunikation beeinträchtigt werden, da der vom Muttersprachler erwartete Kontrast fehlt.

In den meisten Fällen jedoch fallen Betonungsfehler zwar auf, haben aber keine allzu große beeinträchtigende Wirkung auf das Verständnis, da in dem jeweils gegebenen Kontext – und dies besonders in einem Fachvortrag durch die visuelle Unterstützung der Folien die intendierte Bedeutung der Lexeme erschließbar ist. Betonungsfehler zählen somit „lediglich“ zu den akzentbei­tragenden Fehlern deutscher Lernender, wirken jedoch meist nicht kommunika­tionsstörend (Kresta 2015: 133).



5 Gezielte Übungen im Unterricht


Im Hinblick auf eine mögliche Abhilfe bei solchen lautlichen Fehlern muss nach der eingehenden Erforschung der mündlichen Leistungen von Fachhochschul­studierenden in den technischen Studiengängen im Fach Englisch leider fest­gestellt werden, dass sehr viele Studierende die Fossilisierungsphase im Sinne Selinkers (1972) vermutlich bereits erreicht haben (hierzu auch Odlin 2003: 457, Daniels 2000: 218f, Ellis 1997: 29). Obwohl besonders Interferenzfehler der Gefahr der Fossilisierung ausgesetzt sind, gelten diese an sich jedoch nicht unbedingt als Beweis für Fossilisierung (Sheen 1980: 110). Ein Umlernen ist also immer noch möglich, wenn Studierende für vorhandene Probleme mit der englischen Wortbetonung sensibilisiert werden können, was im Unterricht vor allem durch den Einsatz gezielter Übungen mit besonderer Berücksichtigung der englischen Wortbetonung erreicht werden kann. Anhand einer Reihe von PowerPoint-Folien könnten einzelne Problemwörter sowie die Verwendung dieser Wörter in Beispielsätzen im Unterricht geübt werden. Die bei der vorlie­genden Korpusanalyse festgestellten, häufigsten Fehler erschei­nen zumindest für die technischen Fächer hierbei als gut geeignete Problem­wörter. Da bestim­mte Endungen betonungsbestimmend sind, wäre zusätzlich der Einsatz mor­phembasierter Regeln als hilfreiche Übung denkbar – besonders wenn diese im Fach häufig vorkommen, wie z. B. barometer und analysis, bei denen die Hauptbetonung im Englischen auf der Silbe unmittelbar vor der Endung liegt, und generator und calculator, bei denen die Hauptbetonung zwei Silben vor der Endung lokalisiert ist.


Das Training der häufigsten Fehlerbereiche ist bei werdenden Ingenieuren ver­mutlich der wichtigste Übungstyp. In Abbildung 1 wird eine Möglichkeit dar­gestellt, wie die Aussprache bzw. die korrekte Betonung des Wortes engineer sowohl einzeln als auch im Satz geübt werden kann:


Abb. 1: Übungsbeispiel für Problemwörter: engineer

Übungen in Form von PowerPoint-Folien im Unterricht haben
den Vorteil, dass die Lernenden jeweils nur ein Übungsbeispiel auf einmal sehen können. So kann der Dozent die Aufmerksamkeit aller Lernenden auf einzelne Problem­wörter lenken, ohne dass einige der Lernenden sich gedanklich mit weiteren Übungsbeispielen befassen, bevor die eigentlichen Problemwörter behandelt werden. Bei der Übung kann Verschiedenes passieren:

  • Das Wort wird einzeln falsch betont bzw. falsch ausgesprochen, im Satz aber korrekt realisiert, oder umgekehrt;
  • Beide Vorkommen (einzeln und im Satz) können falsch – oder auch beide richtig – ausgesprochen werden.

Auch die korrekte Betonung der Ableitung engineering kann geübt werden. Mit Hilfe dieser Übung kann die auf die prosodische Ebene gelenkte Aufmerksam­keit bei den Lernenden zu einem verstärkten Bewusstsein beitragen.

Der zweite Übungstyp, der hier vorgestellt werden soll, ist das Training häufiger betonungsbestimmender Endungen im Fach. Die Abstraktionsebene dieser Übung ist etwas höher, da sie von den Studierenden verlangt, das Sprachsys­tem selbst zu analysieren und Tendenzen zu erkennen. Der Ablauf der Übung im Unterricht kann wie folgt durchgeführt werden: Der Dozent zeigt eine Folie mit einem Merkwort, das auch zu den Problemwörtern in der vorherigen Übung zählen kann, und spricht dieses für die Teilnehmer aus. Danach werden nach­einander weitere, bis dahin nicht eingeblendete Beispiele von Wörtern mit demselben Betonungsmuster gezeigt, damit jeder Lernende die Gelegenheit bekommt, das behandelte Betonungsmuster einzuüben. Schon vor der Übung kann der Dozent die Regel nennen und die Lernenden während der Übung die Regel anwenden lassen – oder aber die Regel nicht nennen, alle Beispiele auf einer Folie durch die Lernenden aussprechen lassen und die Gruppe dann fragen, wie wohl die Regel lauten mag. In Abbildung 2 ist ein Beispiel für eine PowerPoint-Folie aus einer Übungssammlung von betonungsbestimmenden Endungen dargestellt:




Abb. 2: Übungsbeispiel für die Endung -meter
Die zu vermittelnde Betonungsregel ist sehr einfach; die Studierenden können diese schon während der Übung rasch erkennen und so für solche Betonungs­probleme sensibilisiert werden. Wie in Abbildung 2 zu sehen ist, können auch wichtige Ausnahmen behandelt werden, sofern diese vorkommen.

Die Einübung betonungsbestimmender Endungen ist nichts anderes als eine moderne Version der Übungen von Äußerungstypen (pattern drills) der audiolin­gualen Methode, die ab den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts jahrzehnte­lang zu den wichtigsten Ansätzen des Fremdsprachenunterrichts zählte (Glück 2005: 68, Stern 1983: 462ff). Beispiele für weitere Merkwörter mit betonungs­bestimmenden Endungen, für die sich mit Blick auf eine solche Übung zahl­reiche Einzelfälle finden lassen, sind: analysis, photonics, admi­nistrator, circu­lar, rheology und typography.


Auch andere Übungen ließen sich hier einsetzen, wie z. B. solche, bei denen die Betonungsverhältnisse im Englischen mit der Wortart zusammenhängen. Obwohl anhand solcher Darstellungen wichtige systemische Beziehungen auf­gezeigt werden können, sind solche Aufgaben für Studierende technischer Studiengänge nicht immer zweckmäßig, da viele Ausnahmen vorhanden sind. In der Reihe analyze, analysis, analytical beispielsweise sind je nach Wortart drei Haupttonpositionen vorhanden, während es in der Reihe parameter, parameterize, parametrical nur zwei und in der Reihe purchase, purchasing, purchasable nur eine Haupttonposition gibt. Bei Fachhochschulstudierenden technischer Studiengänge stiftet eine solche Behandlung der englischen Wort­betonung eher Verwirrung, als dass sie hilft. Aus dem Grunde könnte eine längere Übung mit solchen Betonungsverschiebungen, die mit der Wortart zusammenhängen, eher demotivierend wirken.


Unabhängig davon, welcher Übungstyp im Unterricht eingesetzt wird, wird bei vielen Fachhochschulstudierenden in den technischen Studiengängen ein Um­lernen leider sehr schwierig sein, und viele Studierende werden die von ihnen bereits verinnerlichten Fehler weiterhin begehen. Es kann aber davon aus­gegangen werden, dass nach solchen gezielten Übungen zumindest einige der Lernende versuchen werden, ihr Sprachverhalten zu ändern und solche Fehler in Zukunft zu vermeiden.

6 Schlussbemerkungen

Die vorliegende empirische Untersuchung hat gezeigt, dass in den mündlichen Leistungen deutscher und deutschsprachiger Fachhochschulstudierender in technischen Studiengängen zahlreiche Betonungsfehler auftreten. Etwa zwei Drittel dieser Fehler lassen sich auf Interferenzen mit der L1 zurückführen. Somit kann die Vermutung Sheens (1980: 110) erneut bestätigt werden, dass im Falle fortgeschrittener Lernender die meisten Fehler durch den L1-Einfluss verursacht werden (auch Kresta 2015: 115). Die restlichen Fehler, bei denen die englische Wortbetonung meist nach links verschoben wird, scheinen eher das Resultat einer Übergeneralisierung seitens der Lernenden zu sein, bei der sie die häufige Anfangsbetonung in englischen Wörtern auf andere Wörter übertragen, für die diese Regel nicht gilt.


Betonungsfehler können prinzipiell zu Missverständnissen führen und sollten daher im Fachfremdsprachenunterricht berücksichtigt werden. Es darf dabei aber nicht vergessen werden, dass die Betonung, die Satzmelodie und die Aus­sprache einzelner Phoneme zusammenwirken. Auch bei der richtigen Betonung können Missverständnisse entstehen, besonders dann, wenn andere Ausspra­cheprobleme auftreten, wie z. B. im Falle von [ɪn.tro:.‘du:.ʃən] statt [ɪn.trə.‘dʌk.ʃən] für introduction. Obwohl diese in der Zweitspracherwerbs­forschung ein wich­tiges Thema darstellt, dessen weitere Erforschung zweifelsohne viele brauch­bare wissenschaftliche Erkenntnisse liefern wird, darf die Wichtigkeit der Be­tonungsfehler sowie sämtlicher Typen von Aussprache­fehlen in echten Kom­munikationssituationen nicht überbewertet werden. Das Deutsche – in diesem Fall die Ausgangssprache (L1) – gehört, ebenso wie das Englische, im Sinne Pikes (1945) zu den betonungszählenden Sprachen, so dass Aspekte der Sprachmelodie – zumindest insgesamt gesehen – keine allzu große verständ­nisgefährdende Wirkung haben. Die Wahrscheinlichkeit von Missverständ­nissen beim tatsächlichen Gebrauch der Fremdsprache Englisch ist vermutlich doppelt so hoch, wenn angehende deutsche Fachleute ein falsches Wort oder eine falsche Ausdrucksweise verwenden, als wenn sie bestimmte Wörter falsch betonen.


Die empirische Untersuchung hat nichtsdestotrotz gezeigt, dass der negative Transfer und die Übergeneralisierung zwei wichtige Ursachen für die Beto­nungsprobleme deutscher Lernender darstellen könnten. Diese Erkenntnis wiederum ermöglicht die Gestaltung gezielter Übungen mit besonderer Berück­sichtigung der englischen Wortbetonung, die Dozenten im Unterricht einsetzen können, um die Studierenden für häufige Betonungsprobleme zu sensibilisie­ren, damit sie diese vermeiden lernen. Die Einübung der korrekten Betonung fehlerträchtiger Wörter sowie die Systematisierung der wichtigsten betonungs­bestimmenden Endungen können bei Lernenden zu einer Stärkung des Be­wusstseins führen.

Bibliographie



Ahn, F. (21857). Grundzüge der englischen Aussprache. Köln: Verlag der M. DuMont-Schauberg’schen Buchhandlung.

Arnold, Roland & Klaus Hansen. (1968). Phonetik der englischen Sprache. Eine Ein­führung. Leipzig: VEB Verlag Enzyklopädie.

Benrabah, M. (1997.) Word Stress – A Source of Unintelligibility in English. In: Inter­national Review of Applied Linguistics XXXV, 157-165.

Carr, Philip. (22013). English Phonetics and Phonology. An Introduction. Chichester, West Sussex: Wiley-Blackwell.

Carey, Michael. (2009). Interlanguage Phonology: Sources of L2 Pronunciation "Errors". (http://clas.mq.edu.au/phonetics/phonology/interlanguage/pronerrors.html)

Couper-Kuhlen, Elizabeth. (1986). An Introduction to English Prosody. Tübingen: Max Niemeyer Verlag.

Daniels, John. (2000). “Fossilisation.” In: Byram, Michael (ed.) Routledge Encyclopedia of Language Teaching and Learning. London: Routledge, 218-220.

Digeser, Andreas. (1978). Phonetik und Phonologie des Englischen. Ein Lernbuch mit Übungen. Paderborn: Ferdinand Schöningh.

Dretzke, Burkhard. (1985). Fehlerbewertung im Aussprachebereich. Hamburg: Helmut Buske Verlag.

Dunstan, A. C. & Max Kaluza. (21921). Englische Phonetik mit Lesestücken. Berlin: Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co.

Ellis, Rod. (1997). Second Language Acquisition. Oxford: Oxford Univ. Press.

Ellis, Rod. (2008). The Study of Second Language Acquisition. Oxford: Oxford Univ. Press.

Erdmann, Peter H. (1973). Patterns of Stress-Transfer in English and German. In: International Review of Applied Linguistics. XI, 229-241.

Glück, Helmut (32005) (Hrsg.). Metzler Lexikon Sprache. Stuttgart: J. B. Metzler.

Grosjean,f (2001). Bilingualism, Individual. In: Mesthrie, R. (ed.) Concise Encyclopedia of Sociolinguistics. Amsterdam: Elsevier, 10-16.

Fudge, Erik. (1984). English Word-Stress. London: George Allen & Unwin.

Halle, Morris & Samuel Keyser. (1971). English Stress. Its Form, Its Growth, and Its Role in Verse. New York: Harper & Row, Publishers.

Kingdon, Roger. (1958). The Groundwork of English Stress. London: Longman.

Kresta, Ronald (2014). Der Umgang mit Fehlern im Englischunterricht auf Fachhoch­schuleniveau. In: Tinnefeld, Thomas (Hrsg.) Fremdsprachenunterricht im Span­nungsfeld zwischen Sprachwissen und Sprachkönnen. Saarbrücker Schriften zu Linguistik und Fremdsprachendidaktik (SSLF); B: Sammelbände; Bd. 2. Saar­brücken: htw saar, 125-141.

Kresta, Ronald. (2015). Aussprachefehler von deutschen und deutschsprachigen Stu­dierenden technischer Studiengänge in englischsprachigen Fachvorträgen – Eine empirische Untersuchung. In: Busch-Lauer, Ines-Andrea: Facetten der Fach­sprachenvermittlung Englisch – Hands on ESP Teaching. Berlin: Frank & Timme, 113-136.

Lehiste, Ilse. (1970). Suprasegmentals. Cambridge, Massachusetts: The M.I.T. Press.

Major, Roy. (2001). Foreign Accent: The Ontogeny and Phylogeny of Second Lan­guage Phonology. Mahwah, New Jersey: Lawrence Erlbaum.

Odlin, Terence. (2003). Cross-Linguistic Influence. In: Doughty, Catherine & Michael Long (eds.). The Handbook of Second Language Acquisition. Malden, Massa­chusetts: Blackwell Publishing, 436-486.

Ortega, Lourdes. (2009). Sequences and Processes in Language Learning. In: Long, Michael & Catherine Doughty (eds.). The Handbook of Language Teaching. New York: Malden, MA: Wiley-Blackwell, 81-105.

Pike, K. L. (1945). The Intonation of American English. Ann Arbor. University of Michigan Press.

Poldauf, Ivan. (1984). English Word Stress. A Theory of Word Stress Patterns in English. Oxford: Pergamon Press.

Roach, Peter. (42010). English Phonetics and Phonology. A practical course. Cam­bridge: CUP.

Scherer, Günther & Alfred Wollmann (1972). Englische Phonetik und Phonologie. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Selinker, Larry. (1972). Interlanguage. In: International Review of Applied Linguistics X, 209-230.

Sheen, Ronald. (1980). The Importance of Negative Transfer in the Speech of Near-Bilinguals. In: International Review of Applied Linguistics 18, 105-119.

Skandera, Paul & Peter Burleigh. (22011). A Manual of English Phonetics and Phono­logy. Tübingen: Narr.

Swann, Joan et al. (2004). A Dictionary of Sociolinguistics. Edinburgh: Edinburgh Univ. Press.

Stern, H.H. (1983). Fundamental Concepts of Language Teaching. Oxford: Oxford University Press.


Tarone, E. (2006). Interlanguage. In: Brown, Keith (ed.) Encyclopedia of Language & Linguistics. Amsterdam: Elsevier, 746-752.

Tarone, E. (2001). Interlanguage. In Mesthrie, R. (ed.) Concise Encyclopedia of Sociol­inguistics. Amsterdam: Elsevier, 475-481.

Trask, R. L. (1996). A Dictionary of Phonetics and Phonology. London: Routledge.
Van der Hulst, Harry (ed.) (2014). Word Stress. Theoretical and Typological Issues.  
       Cambridge: Cambridge University Press.

__________________

1 In der nachstehenden Übersicht und im nachfolgenden Text werden eine fehlerhafte hauptbetonte Silbe in Fettdruck und ein falscher Nebenton mittels Unterstreichung dargestellt.