Französische Wirtschaftsfachsprache
an der Hochschule – Auszüge aus einer
Unterrichtsreihe aus dem Bereich Marketing
Nadine Rentel (Zwickau, Deutschland)
Abstract
(English)
In
this article, we present a methodological concept for teaching French
for specific purposes, focusing on the discipline of marketing. The
course is designed for third-semester students of the degree program
Languages and Business Administration at Zwickau University of
Applied Sciences (Germany). During this course, students learn more
about a company’s central activities and deepen their competencies
with regards to the correct use of terminology as well as the
functions and structures of domain-specific, written text types.
Furthermore, they are trained on the level of oral communication
routines. After a short overview about the course and its place in
the general structure of the module, we will specify the educational
objectives and, illustrated by selected teaching materials, show how
certain skills and competencies can be trained.
Keywords: French for specific
purposes, marketing, French business communication
Abstract
(Deutsch)
In
dem vorliegenden Beitrag wird eine Unterrichtsreihe aus dem Bereich
Marketing vorgestellt, die sich an Studierende des dritten
Semesters im Bachelorstudiengang Languages and Business
Administration mit dem Schwerpunkt Französischer Sprach- und
Kulturraum wendet. In drei aufeinander aufbauenden Pflichtmodulen
zum Wirtschaftsfranzösischen lernen die Studierenden an der
Westsächsischen Hochschule Zwickau u.a. die Kernaktivitäten
eines Unternehmens kennen und sollen neben der Beherrschung der
korrekten Terminologie Kenntnisse über Aufbau und Funktion
unterschiedlicher domänenspezifischer, schriftlich realisierter
Textsorten erwerben, aber auch mündliche Kommunikationsroutinen
einüben. Nach der Einordnung des Modulbausteins in das Gesamtmodul
erfolgt eine Spezifizierung der Lernziele, bevor anhand ausgewählter
Beispielmaterialien gezeigt wird, auf welche Weise die anvisierten
Fertigkeiten gefördert werden können.
Stichwörter:
Wirtschaftsfranzösisch, Marketing, Unternehmenskommunikation
1 Einleitung
Der
Studiengang Languages
and Business Administration
mit dem Schwerpunkt Französischer
Sprach- und Kulturraum1
an der Westsächsischen Hochschule Zwickau beinhaltet neben
fachsprachlichen Inhalten sowohl wirtschaftswissenschaftliche
als auch interkulturelle Anteile. Die interkulturelle Dimension wird
in eigens zu diesem Zweck konzipierten Modulen unterrichtet, fließt
aber regelmäßig in die Lehrveranstaltungen zum
Wirtschaftsfranzösischen ein. Der fachsprachliche Anteil ist während
des gesamten Studiums hoch gewichtet und nimmt mit steigender
Lernprogression zu. In drei aufeinander aufbauenden Pflichtmodulen
zum Wirtschaftsfranzösischen lernen die Studierenden u.a. die
Teilbereiche bzw. die Kernaktivitäten eines Unternehmens kennen und
sollen neben der Beherrschung der korrekten Terminologie Kenntnisse
über charakteristische fachsprachliche Phraseologismen sowie
über den Aufbau und die Funktion unterschiedlicher
domänenspezifischer, schriftlich realisierter Textsorten
erwerben, aber auch mündliche Kommunikationsroutinen einüben. Die
besondere Herausforderung besteht in der Entwicklung einer
didaktisch sinnvollen Konzeption, die es erlaubt, mittels
variierender Methoden die Fachinhalte in Kombination mit der
Fachsprache Wirtschaftsfranzösisch
zu vermitteln.
Im
Rahmen des vorliegenden Beitrags werden Auszüge aus einer
Unterrichtsreihe aus dem Bereich Marketing
vorgestellt, die sich im Rahmen des Moduls Französisch
III an Studierende des dritten Semesters
wendet. Seit Dienstantritt der Autorin im Wintersemester 2011 / 2012
hat diese die Lehrveranstaltung regelmäßig durchgeführt. Nach der
Einordnung des Modulbausteins in das Gesamtmodul werden in einem
ersten Schritt die Lernziele des Moduls spezifiziert. Im Anschluss
daran wird anhand ausgewählter Beispielmaterialien gezeigt, auf
welche Weise die anvisierten Fertigkeiten gefördert werden können.
In diesem Zusammenhang wird der Fokus auf die Alternanz von Input und
vertiefenden Texten, auf den Einsatz von Lückentexten, mit deren
Hilfe bestimmte grammatische Strukturen im inhaltlichen Kontext
der Wirtschaftskommunikation gefestigt werden können sowie auf
das Trainieren mündlicher Fertigkeiten anhand von Rollenspielen
gelegt. Zentrale
Lehr- und Übungswerke, auf die im Modul zurückgegriffen wird, sind
das Kompendium Management des entreprises von
Soparnot (2009), die Französische Grammatik
für die Wirtschaftskommunikation von
Schmidthaler & Schwarz-Frömel (2003) sowie das Lehr- und
Übungsbuch À la perfection von
Lavric & Pichler (2010). Insbesondere die beiden letztgenannten
Werke bieten ein umfassendes Repertoire an Übungen auf
unterschiedlichen Kompetenzstufen, anhand derer die fachsprachliche
Lexik und typische grammatische Strukturen der französischen
Wirtschaftskommunikation vertieft werden können. Abschließend
erfolgt eine kritische Diskussion des Erfolgs des entwickelten
Lehrkonzepts im Seminar. Die Bewertung basiert auf individuellen
Eindrücken der Lehrperson sowie auf direkten studentischen
Rückmeldungen nach einzelnen Lehrveranstaltungen, berücksichtigt
aber auch die Lehrevaluationen, die in regelmäßigen Abständen
durchgeführt werden.
2 Die Einordnung des Modulbausteins in das Gesamtmodul
Das Modul Französisch
III gliedert sich in drei Modulbausteine,
wobei Marketing
einen Lehrinhalt des Modulbausteins Fachsprachen
betrieblicher Funktionen darstellt. Das
Modul wird ausschließlich auf Französisch unterrichtet:
- Modulbaustein 1:
Fachsprachen betrieblicher
Funktionen: Ressources Humaines, Logistik und Produktion, Marketing,
Finanzen
- Modulbaustein 2:MündlicheUnternehmenskommunikation: Unternehmensinterne und -externe Gesprächs- und Verhandlungsführung
- Modulbaustein 3:
Auslandsvorbereitung mit Fokus auf dem
Studium in Frankreich: Einführung in formale Anforderungen und in
den Ablauf des Auslandsstudiums. Vorstellen der Partneruniversitäten.
Anfertigen einer Bewerbungsmappe (Lebenslauf, Anschreiben) für
die französische Hochschule
In diesem Zusammenhang
sei angemerkt, dass aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit im
Modulhandbuch die Modulbausteine 1 und 2 getrennt aufgeführt
werden, in der Unterrichtsrealität jedoch Phasen des Inputs und der
Festigung fachsprachlicher Strukturen anhand schriftlicher Texte (wie
sie in Baustein 1 dominieren) stets in enger Verflechtung mit
der Anwendung erworbener fachsprachlicher Ressourcen in
mündlichen Kommunikationssituationen zu sehen sind, die in Baustein
2 im Zentrum stehen.
Die Präsenzzeit (in SWS
und Unterrichtsstunden) im Modul Französisch
III stellt sich wie folgt dar:
- Übung: 4 SWS (= 60 Unterrichtsstunden)
- Vorlesung mit integrierter Übung / seminaristische Vorlesung: 4 SWS (0 60 Unterrichtsstunden)
- Insgesamt: 8 SWS (= 120 Unterrichtsstunden)
Mit einem Anteil von 60
Zeitstunden des Selbststudiums ergibt sich somit ein Gesamt-Workload
von 180 Stunden. Die Studierenden können durch die Erbringung
zweier Leistungsnachweise mit entsprechender Gewichtung 6 ECTS
erwerben. Die mündliche Präsentation (25 %) kann
beispielsweise in Form einer Unternehmenspräsentation (Présentation
de l‘entreprise) oder im Rahmen eines
Vortrags über aktuell relevante Themen mit wirtschaftlichem,
politischem oder sozialem Bezug (Actualités
de la vie économique, politique et sociale en France)
abgelegt werden. Hinzu kommt eine Klausur in der Zielsprache mit
einer Dauer von 90 Minuten (75 %).
3 Die Lernziele
Da die Lernziele die Wahl
der Übungsmaterialien und Übungsformen beeinflussen, sollen
sie an dieser Stelle kurz so vorgestellt werden, wie sie den
Studierenden im Modulhandbuch transparent vermittelt werden:
Die Studierenden kennen und verstehen
die grundlegende Terminologie und die typischen Kollokationen der
Fachsprache aus wichtigen betrieblichen Funktionsbereichen des
Unternehmens. Die Studierenden können die sprachlichen Mittel formal
und inhaltlich adäquat zur mündlichen und schriftlichen
Kommunikation über Sachverhalte dieser Bereiche gebrauchen. Sie
kennen den Ablauf, die typischen Merkmale und die Problemquellen
wichtiger mündlicher Kommunikationsformen im Unternehmen und
können entstehende Problemsituationen analysieren und mit dem
angemessenen Verhalten und entsprechenden sprachlichen Mitteln darauf
reagieren. Die erreichte sprachliche Kompetenz entspricht der
Niveaustufe B 2.2 des Europäischen Referenzrahmens. (Auszug aus dem
Modulhandbuch zum Modul Französisch III des Studiengangs
Languages and Business Administration an der
Westsächsischen Hochschule Zwickau)
Die Formulierung der
Lernziele macht deutlich, dass ein Fokus auf den Bereich der Lexik
und Terminologievermittlung gelegt wird; das vermittelte lexikalische
Wissen geht aber über einzelne Lexeme hinaus, da ebenfalls komplexe
lexikalische Einheiten (usuelle Wortverbindungen bzw.
fachsprachliche Phraseologismen des Französischen) thematisiert
werden. Weiterhin wird der kommunikativ-pragmatischen Angemessenheit
sprachlicher Äußerungen ein hoher Stellenwert zugemessen, was
besonders in interkulturellen Kommunikationssituationen von
Relevanz ist. Den Studierenden soll durch ausgewählte Übungsformen
das notwendige Rüstzeug an die Hand gegeben werden, damit sie
im Fall interkulturell bedingter Konflikte im wirtschaftlichen
Kontext sprachlich adäquate Lösungsstrategien anwenden
können.
Im
Rahmen der Diskussion der Lernziele sei angemerkt, dass das hier
vorgestellte Konzept sowohl den engeren Ansatz der
Fachsprachenvermittlung (vgl. hier den Vortrag von Jan Engberg im
Rahmen der 3.
Saarbrücker Fremdsprachentagung im
Jahre 20152)
als auch den breiter gefassten Ansatz berücksichtigt. Im
Kontext der engeren Konzeption stehen die Ausbildung produktiver
Sprachkompetenzen und der Erwerb unternehmensrelevanter Textsorten
– in enger Verzahnung mit wirtschaftlichem Fachwissen – im
Mittelpunkt. Die breitere Dimension kommt in den Fällen zum
Tragen, in denen die Studierenden auf konkrete Situationen im
Berufsalltag vorbereitet werden, z. B. beim Training von
Verhandlungs- oder Bewerbungsgesprächen. Dieses Training zielt im
Modul nicht nur auf eine potentielle Berufstätigkeit nach Abschluss
des Studiums ab, sondern soll die Studierenden in der
Vorbereitung ihres obligatorischen Auslandspraktikums im
sechsten Fachsemester unterstützen, das sich an das Auslandsstudium
im fünften Fachsemester anschließt. Weiterhin sollen die
Studierenden im Kontext des breiter gefassten didaktischen Ansatzes
für die interkulturelle Dimension deutsch-französischer
Wirtschaftskontakte sensibilisiert werden. Aus diesem Grund
werden im Modul häufig Textsortenvergleiche eingesetzt, wie es im
Rahmen der Vorstellung des Beispielmaterials deutlich wird. Als
besonders gewinnbringend erweist sich in diesem Kontext der
Vergleich deutscher und französischer Geschäftsbriefe sowie
eine Kontrastierung deutscher und französischer
Werbekommunikate (wie z. B. in Sitzung 7 vorgesehen). Zur
Illustration der Grundlagen des Lehrkonzepts sei auf die folgende
Beispielsynopse verwiesen, die verdeutlicht, wie der Themenblock
Marketing
strukturiert ist und welche Übungsformen und Materialien eingesetzt
werden (Tab. 1).
Der
Baustein Marketing
wird im Rahmen von neun bis zehn Sitzungen (dies entspricht 18 bis 20
Stunden bzw. drei Semesterwochen) im Modul abgehandelt. Es wird
deutlich, dass im Rahmen einzelner Themenblöcke jeweils alle
Grundfertigkeiten trainiert werden. Als grundlegendes Prinzip
alternieren Phasen des Inputs in der Einführungsphase zu
neuen Themenaspekten mit ver-
- SitzungInhalte1Einleitung Marketing: Marktakteure, Marktstudie2Vertiefung Marketing / Marktakteure;Texte zu business plan, étude du marché, plan de financement, analyse concurentielle aus dem Lehrwerk Management des entreprises3Theorie: Marketing / Produktpolitik4Mündliche Kommunikation: Marketing / Produktpolitik; vanter les avantages d’un produitTheorie: Marketing / Preispolitik5Vertiefung PreispolitikText zum Produktlebenszyklus aus Management des entreprisesMündliche Kommunikation: Marketing / PreispolitikRéunion: discuter la fixation du prix pour un nouveau produitExprimer son accord / désaccordBesprechung sprachlicher Ressourcen im Vorfeld der Übung6Theorie: Marketing / KommunikationspolitikFormen der Verkaufswerbung7Vertiefung: Marketing / KommunikationspolitikAnalyse von Werbekommunikaten8Theorie: Marketing / DistributionspolitikHandelsformenVertiefender Text zur distribution automobile aus Management des entreprises9Vertiefung: Marketing / DistributionspolitikHörtext und Lesetext A la FNACMündliche Kommunikation: VerkaufsgesprächLesetext Comment distribuer ses produitsMündliche Kommunikation oder E-Mail-Austausch: discussion des avantages et des inconvénients du cybercommerce
Tab. 1: Beispielsynopse
tiefenden Texten. Dazu
gehören beispielsweise Texte, die das Leseverstehen fördern, aber
auch Grammatikübungen, die domänenspezifische Lexik und häufige
grammatische Strukturen der französischen Wirtschaftsfachsprache
beinhalten. Ein hoher Stellenwert wird Übungen zur mündlichen
Kommunikation (mit vorheriger Erarbeitung sprachlicher Ressourcen),
Hörverstehensübungen und Analyseübungen zugewiesen. Letztere
legen den Fokus auf die rezeptiven Kompetenzen (z. B. zu
Werbekommunikaten im Kontext der Kommunikationspolitik).
4 Beispielmaterialien
Im
Rahmen der Diskussion von im Seminar verwendeten Beispielmaterialien
wird zunächst der einleitende Input zum Themenblock Marketing
vorgestellt, der im Seminar als PowerPoint präsentiert und den
Studierenden als Skript zur Verfügung gestellt wird. Die
behandelten Inhalte stellen den Kern des Wissens dar, der in der
Abschlussklausur abgefragt wird. Im Rahmen der Klausur sollen die
Studierenden zeigen, dass sie sowohl die domänenspezifische Lexik
als auch zentrale wirtschaftswissenschaftliche Inhalte beherrschen.
Bereits in der Inputphase wird regelmäßig (durch
Fragezeichenfolien, siehe unten) das Vorwissen der Studierenden
aktiviert; aufgrund der Verzahnung (fach)sprachlicher,
interkultureller und wirtschaftswissenschaftlicher Inhalte im
Bachelorstudiengang kann dabei auf das Wissen rekurriert werden, das
die Zielgruppe in den wirtschaftswissenschaftlichen
Schwerpunktmodulen erworben hat. Auf diese Weise soll eine passive
Lernhaltung seitens der Kursteilnehmer vermieden werden. Zu Beginn
des Semesters wird zudem auf die unabdingbare Voraussetzung der
aktiven, mündlichen Teilnahme an der Seminardiskussion verwiesen und
zugleich die sich daraus ergebende, zusätzliche Möglichkeit,
die mündliche Ausdrucksfähigkeit in der Fremdsprache
Französisch einzuüben, herausgestellt. Die erste Folie im Rahmen
des Themenblocks Marketing
soll ein Brainstorming initiieren und fragt zunächst global ab,
welche Aufgaben die wirtschaftswissenschaftliche Teildisziplin
des Marketings nach Kenntnisstand der Studierenden hat und ob sich
die Disziplin in weitere Unterdisziplinen untergliedern lässt:
Abb. 1: Beispielfolie: Marketing /
Einleitung
Nach
Abschluss der Diskussion folgt ein Definitionsvorschlag seitens der
Dozentin, der wiederum im Plenum kritisch diskutiert werden
kann. Weiterhin wird den Studierenden die fachliche Untergliederung
der Disziplin transparent gemacht, so dass sie wissen, welche
Inhalte sie im Themenblock Marketing
im Laufe des Seminars erwarten. Neben Kaufentscheidungen geht es um
Techniken der Marktstudie und um den Marketing-Mix,
der die Säulen Produkt-, Preis-, Kommunikations- und
Distributionspolitik umfasst:
Abb. 2: Beispielfolie: Marketing -
Gliederung
Auch
die Lernziele werden den Studierenden verdeutlicht, so dass der
kritischen Lehrevaluation am Ende des Semesters verbindliche
inhaltliche Kriterien zugrunde liegen:
Abb. 3: Beispielfolie: Marketing -
Lernziele
Um
das Bewusstsein für den Ursprung der Disziplin bei den Studierenden
zu schärfen, wird im Seminar gefragt, seit wann – und, vor allem,
aus welchen Gründen – Unternehmen Marketingaktivitäten einsetzen
und weshalb die Disziplin an Hochschulen gelehrt wird:
Abb. 4: Beispielfolie: Marketing -
Genese der Disziplin
Der
kurze Abriss der Genese der Disziplin (Abb. 5) hebt vor allem die
Verschiebung eines Verkäufermarktes, auf dem wegen der
Verknappung des Warenangebots die Nachfrage das Angebot
überstieg, hin zu einem Käufermarkt heraus. Die
Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre läutete diesen Wandel ein,
bevor sich der Handel in den 1950er Jahren – bedingt durch die
Erhöhung der Kaufkraft sowie steigende Ansprüche der Konsumenten
und aufgrund einer stetig wachsenden Konkurrenz – gänzlich
neuen Herausforderungen stellen musste.
Die
Kommunikationspolitik als Bestandteil des Marketing-Mix wird im
Seminar vertieft behandelt, wobei Herausforderungen interkultureller
bzw. globaler Kommunikationsprozesse eine zentrale Rolle
spielen. Das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zwischen
Sprach- und Kulturräumen nimmt im Kontext der Globalisierung der
Handelsbeziehungen einen ständig wachsenden Stellenwert ein. Eine
Nichtbeachtung kulturbedingter Kommunikationsgewohnheiten des
Gegenübers kann in der interkulturellen Kommunikation zu
Missverständnissen bzw. zum Abbruch der Kommunikation führen
(Lüsebrink 2008: 32). Um die Studierenden für die Bedeutung
kultureller Unterschiede in der Marketingkommunikation zu
sensibilisieren, werden im Unterricht ausgewählte deutsche und
französische Kommunikationsstrategien einander gegenübergestellt.
In
Abb. 6 wird anhand eines authentischen Falls aus dem Jahr 2002
deutlich, welche Relevanz die kulturgeprägte Interpretation von
Werbekommunikaten seitens der Zielgruppe für ein Unternehmen haben
kann (vgl. dazu die Diskussion unter
http://www.kath.net/news/3926;
01.09.2016). Einleitend sollen die Studierenden zu der Abbildung der
Waschmittelpackung der Marke Arielauf der linken Seite der Folie Stellung nehmen – das Foto des
israelischen Präsidenten Ariel Sharon wird erst später
eingeblendet:
Abb. 6: Beispielfolie:
Kommunikationspolitik - Globales MarketingIn der Regel beschreiben die Kursteilnehmer die Abbildung als neutral, negative Assoziationen werden nicht hervorgerufen. Nach Hinzunahme der Abbildung auf der rechten Seite sollen die Studierenden die Bezüge zwischen den beiden visuellen Elementen aufzeigen. Nach einigen erklärenden Hinweisen zu der abgebildeten Person wird dann relativ problemlos die formale Ähnlichkeit zwischen dem abgebildeten Atom auf dem Waschmittelkarton einerseits und dem Davidstern als Symbol des jüdischen Volkes andererseits erkannt. Auch die Gleichheit des Produktnamens und des Vornamens der abgebildeten Person wird genannt. Die Auswirkungen dieser formalen Analogie werden von der Dozentin zusammengefasst: Während des Irakkriegs wurde die Waschmittelmarke Ariel von Ägyptern und Palästinensern boykottiert, um ihren Protest gegen den israelischen Präsidenten Ariel Sharon zu äußern. Begründet wurde der Boykott durch die von mehreren islamistischen Bewegungen gestützte Behauptung, das Logo ähnele dem Davidstern und das Waschmittel trage den Namen des abgebildeten Politikers. In der Folge der Proteste verzeichnete das Unternehmen Procter & Gamble bedeutende Umsatzeinbußen. Nachdem die Verantwortlichen im Unternehmen zunächst jegliche Verbindung zwischen dem Produkt- und dem Personennamen dementiert hatten und darauf verwiesen, dass es sich nicht um einen Davidstern, sondern um eine Atomstruktur handele, gaben sie dem Druck der Protestbewegung nach und änderten sowohl die Form des Logos als auch die Produktbezeichnung. Aus Sicht der Dozentin eignet sich dieses authentische Beispiel sehr gut dazu, die Verquickung globaler Kommunikationsprozesse mit konkreten wirtschaftlichen Folgen zu illustrieren: Die kulturellen Präferenzen der Rezipienten müssen berücksichtigt werden, um auf internationalen Märkten erfolgreich kommunizieren zu können.
Die
angestellten Überlegungen leiten dann zu konkreten Beispielanalysen
deutscher und französischer Werbekommunikate über, die anhand
im Vorfeld thematisierter Kriterien kontrastiert werden.
Werbekommunikate eignen sich nicht zuletzt wegen der engen Anbindung
an die studentische Lebensrealität und aufgrund ihrer Kürze und
relativ guten Verständlichkeit für den Einsatz im
Fachsprachenunterricht3.
Im Seminar werden neben Werbeanzeigen auch TV- und Radiospots
eingesetzt; aus Gründen der einfacheren Darstellbarkeit bleibt die
Beispieldiskussion an dieser Stelle auf statische Werbekommunikate
beschränkt.
Die Studierenden bekommen
die Aufgabe, in Zweiergruppen in einem ersten Schritt zentrale
Teiltexte der deutschen bzw. der französischen Werbeanzeige
(Headline, Bildteil, Fließtext) zu beschreiben und in einem zweiten
Schritt Erklärungen für eventuell nachgewiesene Differenzen zu
finden. Die Ergebnisse werden im Plenum vorgestellt, wodurch sich
eine weitere Gelegenheit dazu bietet, mündliche
Ausdrucksfähigkeit und Präsentationstechniken zu trainieren.
Zusammengefasst lassen sich nach der Arbeit im Seminar die
folgenden Ergebnisse festhalten:
Abb. 7: Werbevergleich Französisch –
Deutsch
Im
ausgewählten Beispiel4
geht es um die Gegenüberstellung der Werbestrategie für ein
französisches Auto, den Citroën C3.
In
der Headline der französischen Anzeige (Abb. 7; Nouvelle
Citroën C3. Le Visiodrive)
wird der Leser im ersten Teil sowohl über den Hersteller als auch
über das konkret beworbene Modell informiert; sie enthält zudem im
zweiten Teil den Zusatz Le
Visiodrive.
Weiterhin beinhaltet die Anzeige eine Sub-Headline, die den
Kraftstoffverbrauch und den geringen CO2-Ausstoß
dieses Modells herausstellt.
Anders als in der französischen Headline werden in der deutschen Anzeige (Mehr sehen von der Welt) weder die Fahrzeugmarke noch das Modell benannt. Der infinitivische Aussagesatz mit Appellfunktion stellt die Werbeaussage heraus, nämlich dass einerseits der Fahrer dank großer Scheiben eine bessere Sicht hat und dass darüber hinaus das Fahrerlebnis – das Kennenlernen neuer Orte durch Reisen mit Hilfe des beworbenen Fahrzeugs – eine wichtige Rolle spielt. Unterhalb des Bildteils ist eine zweigliedrige Sub-Headline (Der neue Citroën C3. Der Visiodrive) platziert, die eine der französischen Headline identische Struktur aufweist und den Leser über das beworbene Automobil informiert. Die Studierenden erklärten den unterschiedlichen Stellenwert der Verbrauchs- und Emissionswerte in der deutschen und französischen Anzeige mit unterschiedlich verlaufenen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen in beiden Ländern. Während das Umweltargument in Deutschland bereits vor mehr als zehn Jahren als zentrales verkaufsförderndes Argument für Automobile eingesetzt wurde, spielt dieser Aspekt in Frankreich erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum eine Rolle. Diese Veränderung im Umweltbewusstsein mag dabei von der europäischen Gesetzgebung (Festlegung einer Obergrenze für Abgaswerte) beeinflusst worden sein. Es wird hier deutlich, dass kulturelle Normen dem historischen Wandel unterliegen und kulturelle Parameter wie z. B. der Umweltaspekt in der Automobilwerbung sich auf unterschiedliche Weise in den Texten manifestieren (vgl. dazu Temath 2011: 114). Weiterhin verwiesen die Studierenden auf einen unterschiedlichen Stellenwert des Automobils in beiden Ländern: Während das Auto in Deutschland oftmals als Statussymbol angesehen wird, bevorzugen französische Autofahrer generell kleinere und damit benzinsparende Fahrzeuge.
Anders als in der französischen Headline werden in der deutschen Anzeige (Mehr sehen von der Welt) weder die Fahrzeugmarke noch das Modell benannt. Der infinitivische Aussagesatz mit Appellfunktion stellt die Werbeaussage heraus, nämlich dass einerseits der Fahrer dank großer Scheiben eine bessere Sicht hat und dass darüber hinaus das Fahrerlebnis – das Kennenlernen neuer Orte durch Reisen mit Hilfe des beworbenen Fahrzeugs – eine wichtige Rolle spielt. Unterhalb des Bildteils ist eine zweigliedrige Sub-Headline (Der neue Citroën C3. Der Visiodrive) platziert, die eine der französischen Headline identische Struktur aufweist und den Leser über das beworbene Automobil informiert. Die Studierenden erklärten den unterschiedlichen Stellenwert der Verbrauchs- und Emissionswerte in der deutschen und französischen Anzeige mit unterschiedlich verlaufenen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen in beiden Ländern. Während das Umweltargument in Deutschland bereits vor mehr als zehn Jahren als zentrales verkaufsförderndes Argument für Automobile eingesetzt wurde, spielt dieser Aspekt in Frankreich erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum eine Rolle. Diese Veränderung im Umweltbewusstsein mag dabei von der europäischen Gesetzgebung (Festlegung einer Obergrenze für Abgaswerte) beeinflusst worden sein. Es wird hier deutlich, dass kulturelle Normen dem historischen Wandel unterliegen und kulturelle Parameter wie z. B. der Umweltaspekt in der Automobilwerbung sich auf unterschiedliche Weise in den Texten manifestieren (vgl. dazu Temath 2011: 114). Weiterhin verwiesen die Studierenden auf einen unterschiedlichen Stellenwert des Automobils in beiden Ländern: Während das Auto in Deutschland oftmals als Statussymbol angesehen wird, bevorzugen französische Autofahrer generell kleinere und damit benzinsparende Fahrzeuge.
Im
französischen Fließtext wird der Bereich des Emotionalen sprachlich
expliziert. Wichtig sind das Erleben und die Wirkung des
Fahrzeugs auf den Fahrer (expérience
sensorielle; les sensations de conduite; vivre l’expérience).
Ein deutlicher Fokus liegt weiterhin auf dem Design und der Ästhetik
des Citroën C3: Einzelne Merkmale der Karosserie (design
avant-gardiste, un profil athlétique, des courbes avenantes,
ergonomie, confort intérieur) werden anhand
von Metaphorisierungen und Personifizierungen herausgestellt. Im
Vergleich zum deutschen Fließtext wird der bereits in der Headline
thematisierte Umweltaspekt wiederaufgenommen (Avec
une technologie au service de l’environnement […] son moteur
n’émet que 99g de CO2/
km et ne consomme que […]). Das zentrale
Verkaufsargument der deutschen Anzeige – die große
Windschutzscheibe – wird im französischen Fließtext
lediglich zweimal erwähnt (pare-brise
und surface vitrée).
Was die verbale Interaktion mit den Adressaten angeht, so wendet sich
der französische Fließtext zweimal anhand von Personalpronomina
bzw. Imperativen an das Zielpublikum ([…]
vous invitent à vivre l’expérience; Laissez-vous surprendre).
Im
Fließtext der deutschen Anzeige schafft das Wortfeld Sehen
Textkohärenz; durch ein semantisches Wortnetz (Windschutzscheibe,
Panorama-Rundumsicht, Aussichten, Lichtblick)
wird der zentrale Produktvorteil aus der Headline aufgenommen und
sprachlich ausgestaltet. Design-Aspekte scheinen keine Rolle zu
spielen, hingegen werden gezielt einzelne Ausstattungsdetails, auf
den Innenraum und das Platzangebot des Fahrzeugs bezogen,
aufgegriffen (Raumkonzept, kompakte Außenmaße, großzügiger
Innenraum). Als weiteres Argument tritt der Fahrspaß auf.
Ebenso wird der geringe CO2-Ausstoß
erwähnt, der in der französischen Headline prominent platziert ist,
im deutschen Beispiel jedoch eine untergeordnete Rolle zu
spielen scheint. Die einzige Form der Adressatenorientierung befindet
sich am Ende des Fließtextes, wenn der Rezipient in Form eines
Aussagesatzes zur Probefahrt aufgefordert wird (Mehr
vom Citroën C3 sehen Sie bei einer Testfahrt oder schon ab €
12.700,-).
Die
Studierenden arbeiteten heraus, dass hinsichtlich der nachzuweisenden
Kommunikationsinhalte das Verkaufsargument des Designs bzw. der
Ästhetik in der französischen Anzeige bedeutender zu sein scheint
als in der deutschen Anzeige, in der die nüchtern-sachliche
Auflistung einzelner Produktvorteile zu beobachten ist.
Erotisierungen des beworbenen Fahrzeugs bzw. Personifizierungen,
wie sie sich im französischen Beispiel nachweisen lassen, liegen im
deutschen Beleg ebenfalls nicht vor. Auch die unterschiedlichen
Kommunikationsstile wurden identifiziert und festgehalten, dass
die verbale Interaktion mit dem Zielpublikum im Französischen als
direkter, expliziter und personalisierter zu charakterisieren ist.
Was
die visuellen Anzeigentexte angeht, so lässt sich feststellen, dass
sich in der französischen Anzeige in der Windschutzscheibe des
beworbenen Fahrzeugs Wolken vor blauem Himmel spiegeln. Diesen
visuellen Anzeigenteil brachten die Studierenden inhaltlich mit dem
in der Headline angeführten Umweltargument in Verbindung und
stellten heraus, dass auf diese Weise Raum für freie Assoziationen
des Rezipienten bleibt. In der Frontscheibe des ebenfalls schwarz
lackierten Citroën der deutschen Anzeige ist der Eiffelturm in
Regenbogenfarben zu erkennen, während in den Seitenscheiben die
Silhouette französischer Bürgerhäuser, wie sie sich am
Seineufer befinden, sichtbar ist. Durch die Abbildung eines
Nationalsymbols –
des Eiffelturms –
wird auf das Eskapismusbedürfnis der deutschen Rezipienten
angespielt, die von der französischen Hauptstadt fasziniert sind und
diese in der Regel mit ausschließlich positiven
Assoziationen verbinden. Das bewusst offen formulierte Mehr
sehen von der Welt in der Headline erfährt
somit durch den visuellen Anzeigenteil eine Konkretisierung
bzw. Exemplifizierung.
Die
Studierenden erkannten, dass im visuellen Anzeigenteil der
französischen Anzeige keine nationalen, typisch französischen
Elemente abgebildet werden, und erklärten dies unter anderem damit,
dass der französische Charakter des beworbenen Automobils (la
francité) für den deutschen Markt gezielt
hervorgehoben werden soll. Positive Attribute, die die Leser mit
Frankreich im Allgemeinen und mit Paris im Besonderen verbinden,
sollen auf diese Weise auf das Produkt übertragen werden. Die
Studierenden merkten zudem an, dass die Abbildung des Eiffelturms in
Frankreich vermutlich nicht nur wirkungslos bliebe, sondern
abwehrende Reaktionen hervorrufen könnte, da sich aufgrund des immer
noch zentralistisch organisierten Staates Paris als Hauptstadt, in
der die wichtigsten Institutionen – und damit die gesellschaftliche
und politische Macht – angesiedelt sind, in einem
Konkurrenzverhältnis zu den Provinzstädten befindet. Schließlich
ist Paris für viele Franzosen aufgrund der schwierigen
Lebensverhältnisse (z. B. hohe Lebenshaltungskosten, Stress,
problematischer Wohnungsmarkt) negativ konnotiert.
Ergänzend
zum Vergleich von Werbeanzeigen aus Deutschland und Frankreich werden
im Seminar andere mediale Formate sowie Werbebotschaften aus der
außereuropäischen Frankophonie zur Diskussion gestellt. Die
Plakatwerbungen des Citroën C3 Visiodrive (Abb. 8) fanden sich im
April 2009 auf der französischen Karibikinsel Guadeloupe und
sollen nochmals die Adaptierung von Werbebotschaften, auf die
Beispiele bezogen im visuellen Teil, verdeutlichen:
Abb. 8: Werbevergleich Französische
Antillen
Im
Beispiel erfolgt eine Anpassung an die geographischen und
klimatischen Bedingungen der französischen Antillen. Einem
mitteleuropäischen Rezipienten würde sich die Abbildung von Palmen
bzw. eines tropischen Sonnenuntergangs im Kontext einer
Automobilwerbung eines französischen Herstellers vermutlich nur
schwer erschließen.
Neben
Werbeanzeigen und den bereits angesprochenen Werbespots werden im
Seminar weitere unternehmensrelevante Texte bzw. Textsorten
eingesetzt, so z. B. Unternehmens-Homepages, die hinsichtlich
ihrer Farbgebung, ihrer Struktur, ihrer Inhalte und der sprachlichen
Form (Deutsch-Französisch) miteinander verglichen werden. Die
Analyse von Unternehmenswebseiten bereitet dabei nicht nur auf eine
mögliche Berufstätigkeit nach dem Studium vor, sondern ergibt
sich aus der Erfahrung, dass viele Studierende im Rahmen ihres
Frankreich-Praktikums mit der Konzeption des deutschsprachigen
Internet-Auftritts ihres Unternehmens beauftragt werden. In diesem
Kontext ist es hilfreich, mit den wichtigsten Unterschieden
zwischen dem deutschen und dem französischen Sprach- und Kulturraum
vertraut zu sein5.
Der Tatsache, dass Unternehmen soziale Medien als kostenlose und
zusätzliche Kommunikationskanäle mit ihren Kunden nutzen, wird
im Modul ebenfalls Rechnung getragen, wenn beispielsweise deutsche
und französische Kundenbeschwerden auf Facebook in unterschiedlichen
Branchen beschrieben und hinsichtlich der Kriterien
Angemessenheit
und Höflichkeit
miteinander verglichen werden. Ergänzend zur sprachlichen
Analyse in Kleingruppen werden im Plenum die Vor- und Nachteile
diskutiert, die das Nutzen sozialer Medien für die
Unternehmenskommunikation beinhaltet. Ein bedeutendes
Risiko, das sich aus negativen Kommentierungen der
Unternehmensaktivität ergibt, stellen der Imageverlust bzw. konkrete
wirtschaftliche Verluste für das Unternehmen dar6.
Durch die Integration von Unternehmenskommunikation im
virtuellen Raum wird u.a. der Forderung von Busch-Lauer (2014) nach
der Einbeziehung digitaler, multimodaler
Kommunikationsplattformen und der dazugehörigen Texte in den
Fremdsprachenunterricht (Stichwort Fachkommunikation
3.0)
Rechnung gtragen.
Abschließend soll an
dieser Stelle ein Beispiel für eine Übung zum Training der
mündlichen Kommunikationsfähigkeit vorgestellt werden:
Discussion avec un fournisseur
Rolle A (Kunde)
Sie haben für Ihr Unternehmen neue
Büromöbel bei einem Lieferanten bestellt, mit dem Sie seit vielen
Jahren sehr gut zusammen arbeiten. Doch dieses Mal ist bei der
Lieferung etwas schief gegangen: Nicht nur sind die Möbel einige
Tage zu spät bei Ihnen eingetroffen, ein gutes Drittel der
gelieferten Tische weist zudem Transportschäden auf, und die
Bürostühle entsprechen nicht dem von Ihnen gewünschten
Modell.
Bereiten Sie Argumente für ein
Beschwerdegespräch vor, in dem Sie höflich, aber bestimmt deutlich
machen, welche Konsequenzen sich aus der schadhaften Lieferung
für Ihr Unternehmen ergeben und bitten Sie um eine zeitnahe
Regulierung des Schadens. Betonen Sie gleichzeitig, dass Ihnen an
einem Weiterbestehen der bisher guten Geschäftsbeziehung gelegen
ist.
Rolle B (Lieferant)
Sie haben einem langjährigen Kunden
Büromöbel geliefert, mit dem Sie seit vielen Jahren sehr gut
zusammen arbeiten. Doch dieses Mal ist bei der Lieferung etwas schief
gegangen: Nicht nur sind die Möbel einige Tage zu spät bei dem
Kunden eingetroffen, ein gutes Drittel der gelieferten Tische weist
zudem Transportschäden auf, und die Bürostühle entsprechen
nicht dem vom Kunden gewünschten Modell.
Der
Kunde ist sehr verärgert und fordert eine zeitnahe Regulierung des
Schadens. Sie zeigen Verständnis, da Sie die langjährige
Geschäftsbeziehung nicht gefährden möchten, machen aber auch
deutlich, dass Sie im Rahmen der Bestellung erstmals mit einem neuen
Subunternehmer (le sous-traitant) gearbeitet haben und daher
nicht die volle Verantwortung für die Beschwerde übernehmen können.
Schlagen Sie einen Kompromiss vor.
Es
handelt sich hierbei um ein Rollenspiel, das thematisch im Bereich
der Distributionspolitik zu verorten ist. Im angeführten
Beispiel (Diskussion mit einem Lieferanten)
bekommen die Studierenden entweder die Rolle des Kunden oder
diejenige des Lieferanten zugewiesen, ohne im Vorfeld darüber in
Kenntnis gesetzt zu werden, welche kommunikative Strategie ihr
Gegenüber verfolgen wird. Die Rollenbeschreibungen verfolgen gezielt
konträre Positionen, und die Aufgabenstellung sieht statt eines
Abbruchs der Geschäftsbeziehung das Erarbeiten eines
Kompromisses vor, so dass die Studierenden gezwungen sind,
stichhaltige Argumente zu sammeln und angemessen zu versprachlichen,
ohne dabei jedoch ihr eigenes Anliegen aus dem Blick zu verlieren.
Die Rollen sind bewusst auf Deutsch beschrieben (mit Ausnahme der
Fachterminologie, die im Vorfeld nicht besprochen wurde; diese wird
angegeben), damit die Studierenden ihr im Seminar erworbenes
Wissen aktivieren und vertiefen können. Nach einer fünfzehnminütigen
Vorbereitungsphase werden die Gesprächspaare willkürlich
zusammengestellt, um zu vermeiden, dass die Studierenden
vorformulierte Gespräche anfertigen und diese dann schlicht und
einfach ablesen. Die Erstellung von Notizen während des Gesprächs
ist erlaubt. Unmittelbar nach dem Rollenspiel werden grobe Verstöße
gegen Grammatik und Lexik besprochen und die kommunikative
Angemessenheit der gewählten sprachlichen Ressourcen im Plenum
diskutiert.
5 Die studentische Evaluierung des Moduls
Nachdem
im vorhergehenden
Kapitel ausgewählte
Lehrmaterialien und Übungsformen vorgestellt worden sind, die
sich aus Sicht der Dozentin als geeignet erweisen, mit den
Studierenden grammatische, lexikalische und textuelle Spezifika
des Wirtschaftsfranzösischen zu thematisieren und einzuüben, sollen
an dieser Stelle kurz einige Kommentare aus den studentischen
Evaluierungen (aus dem Wintersemester 2014 / 2015)
angeführt werden. Gelobt wurden in vielen Fällen der Methodenmix
und der Einsatz vielfältiger Lehrmaterialien:
Gut fand ich, dass wir nicht immer nur Grammatikübungen machen mussten, sondern dass wir diskutieren, interessante Texte lesen und auch eigene Analysen durchführen konnten.
Aus dieser Bewertung wird
zudem deutlich, dass die Studierenden die Durchführung eigener
Textanalysen als dem Lernerfolg zuträglich ansehen. Diesen Eindruck
vermittelt auch folgender Kommentar:
Die eigene Untersuchung von Werbeanzeigen fand ich spannend. Man hat eigene Ergebnisse herausbekommen und man hatte das Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen.
Die Relevanz der
eingesetzten Texte für den Alltag und die spätere Berufstätigkeit
der Studierenden wurde also durchaus erkannt. Als positiv empfunden
wurde zudem das Korrekturverhalten der Dozentin während der Phasen,
in denen die mündliche Kommunikationsfähigkeit trainiert
wurde:
Mir hat gefallen, dass die Dozentin uns erst einmal hat diskutieren lassen und dann hinterher wichtige Fehler mit uns an der Tafel besprochen hat. So hat man weniger Angst, vor den Anderen zu sprechen. Auch wurde uns so klar, welche Bereiche wir besonders nacharbeiten sollten, was wichtig ist im Umgang mit französischen Geschäftspartnern.
Angesprochen wurde in
einigen Evaluierungsbögen auch die gelungene Verbindung von
Theorie bzw. Inputphasen und praktischen Übungen:
Ich konnte nach den Skripten der Dozentin viel besser verstehen, worum es in den Grammatikübungen geht und was die Fachbegriffe bedeuten.
Die Skripte schienen
jedoch ambivalent zu sein, da sie von einigen Studierenden als
zu anspruchsvoll, theorielastig und umfangreich empfunden wurden:
Die Folien, die die Dozentin zur Verfügung gestellt hat, waren viel zu schwierig, und ich dachte, dass ich das alles bis zur Klausur nicht lernen könnte.
Es wäre also vielleicht
sinnvoll, Inhalt und Umfang des theoretischen Inputs zu überdenken
und ggf. anzupassen. Abschließend sei auf die kontrovers
diskutierte Bewertung der Fragezeichenfolien verwiesen, deren
Ziel es war, das Vorwissen der Studierenden zu aktivieren.
Während einige Kursteilnehmer genau diesen Aspekt als hilfreich
empfanden, fühlten sich andere Lernende davon überfordert:
Ich habe nicht ganz verstanden, warum wir teilweise schon Sachen wissen sollten, obwohl es doch Aufgabe des Seminars war, das zu lernen. Das war manchmal frustrierend.
Ein Lösungsansatz für
diese Problematik könnte darin bestehen, gezielter in den
Modulhandbüchern zu recherchieren oder im Vorfeld bei den
Studierenden abzufragen, welche Inhalte ihnen bereits aus den
betriebswirtschaftlichen Lehrveranstaltungen bekannt sind.
6 Zusammenfassung
Nach
der Erprobung des Unterrichtskonzepts mit mehreren Kohorten
Studierender hat sich der Einsatz der hier beschriebenen, großen
Bandbreite didaktischen Materials und unterschiedlicher
Übungsformen als geeignet erwiesen, die anvisierten Lernziele
im Modul Französisch III
– speziell bezogen auf den Themenblock Marketing
– zu erreichen. Durch die Alternierung von Phasen theoretischen
Inputs – die aber wiederum das Vorwissen der Studierenden
aktivieren – mit vertiefenden Lese- und Hörverstehenstexten sowie
mit Übungen zur mündlichen Kommunikationsfertigkeit und eigenen, in
Kleingruppen durchgeführten Textanalysen können sowohl die
rezeptiven als auch die produktiven Fertigkeiten der Studierenden
gefördert werden. Zudem bietet die hier vorgestellte didaktische
Konzeption die Möglichkeit, komplexes betriebswirtschaftliches
Fachwissen in motivierender Form mit der Vermittlung der Fachsprache
Wirtschaftsfranzösisch
zu verbinden. Als besonders motivationssteigernd haben sich im
Kontext des Themenblocks zur Kommunikationspolitik die
studentischen Analysen von Werbekommunikaten sowie der
deutsch-französische Vergleich von Unternehmens-Homepages und der
Unternehmenskommunikation in den sozialen Medien (z. B.
Facebook und Twitter) erwiesen, da solche Texte nah am Lebensalltag
der Studierenden zu verorten sind.
Problematisch
erscheint hingegen der relativ knapp bemessene Zeitrahmen für den
Themenblock Marketing,
da im Laufe des Semesters alle in der Modulbeschreibung
genannten betrieblichen Funktionen thematisiert werden müssen.
Weiterhin ist zu konstatieren, dass auf Seiten der Studierenden eine
Hemmschwelle besteht, aktiv an mündlichen Kommunikationsübungen
teilzunehmen. Die Erkenntnis, dass das Einüben dieser
Fertigkeit im geschützten Rahmen des Seminars Schwierigkeiten
reduzieren kann, die im Verlauf des obligatorischen Auslandsjahrs
auftreten, überzeugt die Teilnehmer aber in den meisten Fällen von
der Sinnhaftigkeit dieser Übungsform. Zudem nimmt sich die Dozentin
in den Gesprächssimulationen zumeist deutlich zurück und fungiert
nur in Ausnahmefällen als fingierte Gesprächspartnerin. Auch
die Korrektur mündlicher Sprachäußerungen zielt nicht darauf ab,
jedweden sprachlichen Verstoß im Detail zu sanktionieren, sondern
legt den Fokus auf systematisch auftretende Problemquellen in den
studentischen Äußerungen, die nach Beendigung der
Kommunikationsübungen als Block aufgearbeitet werden. Kritisch
bemerkt werden kann zudem, dass das Skript – in Abhängigkeit von
dem jeweiligen Themenschwerpunkt – viel Fachlexik enthält, wodurch
das Gefühl der Überforderung entstehen kann. Nach Auffassung
der Autorin handelt es sich dennoch um eine sinnvolle Methode,
Termini und fachsprachliche Kollokationen zunächst kontextgebunden –
d.h. in Verbindung mit dem betriebswirtschaftlichen Fachwissen –
einzuführen und im Anschluss anhand unterschiedlicher schriftlich
und mündlich realisierter Texte zu festigen. Die Vorteile
beispielsweise gegenüber dem Lernen mittels Vokabellisten sind
nicht von der Hand zu weisen. Abschließend sei der Vorteil des
didaktischen Ansatzes hervorgehoben, anhand der ausgewählten
Texte nicht nur die fachsprachlichen Kompetenzen zu
schulen, sondern die Studierenden für die interkulturelle Dimension
wirtschaftlicher Kommunikationsprozesse in einem globalisierten
Kontext zu sensibilisieren.
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_____________________
1 Neben dem Französischen können die
Studierenden im Bachelorstudium den spanischen und chinesischen
Sprach- und Kulturraum wählen.
2 Dieser
Vortrag (Engberg 2015) befindet sich in seiner Textfassung (Engberg
2016: 427-441) ebenfalls im vorliegenden Band.
3 Zu
den Vorteilen, die die Arbeit mit Werbebotschaften im
fremdsprachlichen Unterricht bietet, siehe im Detail Rentel
(2012).
4 Siehe
dazu auch die Diskussion in Rentel (2012). Aufgrund der Manifestation
kultureller Besonderheiten auf allen untersuchten Ebenen des Textes
erscheint dieses Anzeigenpaar als besonders geeignet für die
Erreichung der Lernziele und wird daher im Modul regelmäßig
eingesetzt; insbesondere die Widerspiegelung von Nationalstereotypen
durch den Gebrauch des nationalen Symbols des Eiffelturms im
visuellen Teiltext bietet sich für die Seminardiskussion an.
5 Eine
detaillierte Kontraststudie zum Webseitenauftritt deutscher und
französischer Banken liefert Reutner (2014); in Bezug auf
Überlegungen zum Einsatz von Unternehmens-Webseiten im
Fachsprachenunterricht vgl. Rentel (2015)
6 Zum
Konzept des electronic-word-of-mouth vgl. Hennig-Thurau et al.
2004: 42.