Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld - unter Mitarbeit von Matthias Ballod, Jan Engberg, Katja Lochtman, Günter Schmale, Veronica Smith. Saarbrücken: htw saar 2016. ISBN 978-3-942949-11-8

Französische Wirtschaftsfachsprache

an der Hochschule – Auszüge aus einer

Unterrichtsreihe aus dem Bereich Marketing


Nadine Rentel (Zwickau, Deutschland)


Abstract (English)

In this article, we present a methodological concept for teaching French for specific purposes, focusing on the discipline of marketing. The course is designed for third-semester students of the degree program Languages and Business Administration at Zwickau University of Applied Sciences (Germany). During this course, students learn more about a company’s central activities and deepen their competencies with regards to the correct use of terminology as well as the functions and structures of domain-specific, written text types. Furthermore, they are trained on the level of oral communi­cation routines. After a short overview about the course and its place in the general structure of the module, we will specify the educational objectives and, illustrated by selected teaching materials, show how certain skills and competencies can be trained.

Keywords: French for specific purposes, marketing, French business communication



Abstract (Deutsch)

In dem vorliegenden Beitrag wird eine Unterrichtsreihe aus dem Bereich Marketing vorgestellt, die sich an Studierende des dritten Semesters im Bachelorstudiengang Languages and Business Administration mit dem Schwerpunkt Französischer Sprach- und Kulturraum wendet. In drei aufeinander aufbauenden Pflichtmodulen zum Wirt­schaftsfranzösischen lernen die Studierenden an der Westsächsischen Hoch­schule Zwickau u.a. die Kernaktivitäten eines Unternehmens kennen und sollen neben der Beherrschung der korrekten Terminologie Kenntnisse über Aufbau und Funktion unterschiedlicher domänenspezifischer, schriftlich realisierter Textsorten erwerben, aber auch mündliche Kommunikationsroutinen einüben. Nach der Einordnung des Modulbausteins in das Gesamtmodul erfolgt eine Spezifizierung der Lernziele, bevor anhand ausgewählter Beispielmaterialien gezeigt wird, auf welche Weise die anvisier­ten Fertigkeiten gefördert werden können.
Stichwörter: Wirtschaftsfranzösisch, Marketing, Unternehmenskommunikation



1 Einleitung

Der Studiengang Languages and Business Administration mit dem Schwer­punkt Französischer Sprach- und Kulturraum1 an der Westsächsischen Hoch­schule Zwickau beinhaltet neben fachsprachlichen Inhalten sowohl wirtschafts­wissenschaftliche als auch interkulturelle Anteile. Die interkulturelle Dimension wird in eigens zu diesem Zweck konzipierten Modulen unterrichtet, fließt aber regelmäßig in die Lehrveranstaltungen zum Wirtschaftsfranzösischen ein. Der fachsprachliche Anteil ist während des gesamten Studiums hoch gewichtet und nimmt mit steigender Lernprogression zu. In drei aufeinander aufbauenden Pflichtmodulen zum Wirtschaftsfranzösischen lernen die Studie­renden u.a. die Teilbereiche bzw. die Kernaktivitäten eines Unternehmens kennen und sollen neben der Beherrschung der korrekten Terminologie Kennt­nisse über charak­teristische fachsprachliche Phraseologismen sowie über den Aufbau und die Funktion unterschiedlicher domänenspezifischer, schriftlich realisierter Text­sorten erwerben, aber auch mündliche Kommunikationsroutinen einüben. Die besondere Herausforderung besteht in der Entwicklung einer di­daktisch sinn­vollen Konzeption, die es erlaubt, mittels variierender Methoden die Fachinhalte in Kombination mit der Fachsprache Wirtschaftsfranzösisch zu vermitteln.


Im Rahmen des vorliegenden Beitrags werden Auszüge aus einer Unterrichts­reihe aus dem Bereich Marketing vorgestellt, die sich im Rahmen des Moduls Französisch III an Studierende des dritten Semesters wendet. Seit Dienstantritt der Autorin im Wintersemester 2011 / 2012 hat diese die Lehrveranstaltung regelmäßig durchgeführt. Nach der Einordnung des Modulbausteins in das Ge­samtmodul werden in einem ersten Schritt die Lernziele des Moduls spezifiziert. Im Anschluss daran wird anhand ausgewählter Beispielmaterialien gezeigt, auf welche Weise die anvisierten Fertigkeiten gefördert werden können. In diesem Zusammenhang wird der Fokus auf die Alternanz von Input und vertiefenden Texten, auf den Einsatz von Lückentexten, mit deren Hilfe bestimmte gramma­tische Strukturen im inhaltlichen Kontext der Wirtschaftskommunikation gefes­tigt werden können sowie auf das Trainieren mündlicher Fertigkeiten anhand von Rollenspielen gelegt. Zentrale Lehr- und Übungswerke, auf die im Modul zurückgegriffen wird, sind das Kompendium Management des entreprises von Soparnot (2009), die Französische Grammatik für die Wirtschaftskommuni­kation von Schmidthaler & Schwarz-Frömel (2003) sowie das Lehr- und Übungsbuch À la perfection von Lavric & Pichler (2010). Insbesondere die beiden letztgenannten Werke bieten ein umfassendes Repertoire an Übungen auf unterschiedlichen Kompetenzstufen, anhand derer die fachsprachliche Lexik und typische grammatische Strukturen der französischen Wirtschaftskom­munikation vertieft werden können. Abschließend erfolgt eine kritische Dis­kussion des Erfolgs des entwickelten Lehrkonzepts im Seminar. Die Bewertung basiert auf individuellen Eindrücken der Lehrperson sowie auf direkten stu­dentischen Rückmeldungen nach einzelnen Lehrveranstaltungen, berücksichtigt aber auch die Lehrevaluationen, die in regelmäßigen Abständen durch­geführt werden.

2 Die Einordnung des Modulbausteins in das Gesamtmodul


Das Modul Französisch III gliedert sich in drei Modulbausteine, wobei Marke­ting einen Lehrinhalt des Modulbausteins Fachsprachen betrieblicher Funktio­nen darstellt. Das Modul wird ausschließlich auf Französisch unterrichtet:

  • Modulbaustein 1:
  Fachsprachen betrieblicher Funktionen: Ressources Humaines, Logistik und Produktion, Marketing, Finanzen

  • Modulbaustein 2:
    MündlicheUnternehmenskommunikation: Unternehmensinterne und -externe Gesprächs- und Verhandlungsführung
  • Modulbaustein 3:
Auslandsvorbereitung mit Fokus auf dem Studium in Frankreich: Einführung in formale Anforderungen und in den Ablauf des Auslandsstudiums. Vorstellen der Partneruniversitäten. Anfertigen einer Bewerbungsmappe (Lebenslauf, An­schreiben) für die französische Hochschule

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit im Modulhandbuch die Modulbausteine 1 und 2 getrennt auf­geführt werden, in der Unterrichtsrealität jedoch Phasen des Inputs und der Festigung fachsprachlicher Strukturen anhand schriftlicher Texte (wie sie in Baustein 1 dominieren) stets in enger Verflechtung mit der Anwendung erwor­bener fachsprachlicher Ressourcen in mündlichen Kommunikationssituationen zu sehen sind, die in Baustein 2 im Zentrum stehen.

Die Präsenzzeit (in SWS und Unterrichtsstunden) im Modul Französisch III stellt sich wie folgt dar:

  • Übung: 4 SWS (= 60 Unterrichtsstunden)
  • Vorlesung mit integrierter Übung / seminaristische Vorlesung: 4 SWS (0 60 Unterrichtsstunden)  
  • Insgesamt: 8 SWS (= 120 Unterrichtsstunden)

Mit einem Anteil von 60 Zeitstunden des Selbststudiums ergibt sich somit ein Gesamt-Workload von 180 Stunden. Die Studierenden können durch die Er­bringung zweier Leistungsnachweise mit entsprechender Gewichtung 6 ECTS erwerben. Die mündliche Präsentation (25 %) kann beispielsweise in Form einer Unternehmenspräsentation (Présentation de l‘entreprise) oder im Rahmen eines Vortrags über aktuell relevante Themen mit wirtschaftlichem, politischem oder sozialem Bezug (Actualités de la vie économique, politique et sociale en France) abgelegt werden. Hinzu kommt eine Klausur in der Zielsprache mit einer Dauer von 90 Minuten (75 %).

3 Die Lernziele


Da die Lernziele die Wahl der Übungsmaterialien und Übungsformen beein­flussen, sollen sie an dieser Stelle kurz so vorgestellt werden, wie sie den Stu­dierenden im Modulhandbuch transparent vermittelt werden:
Die Studierenden kennen und verstehen die grundlegende Terminologie und die typischen Kollokationen der Fachsprache aus wichtigen betrieblichen Funktions­bereichen des Unternehmens. Die Studierenden können die sprachlichen Mittel formal und inhaltlich adäquat zur mündlichen und schriftlichen Kommunikation über Sachverhalte dieser Bereiche gebrauchen. Sie kennen den Ablauf, die typi­schen Merkmale und die Problemquellen wichtiger mündlicher Kommunikations­formen im Unternehmen und können entstehende Problemsituationen analysieren und mit dem angemessenen Verhalten und entsprechenden sprachlichen Mitteln darauf reagieren. Die erreichte sprachliche Kompetenz entspricht der Niveaustufe B 2.2 des Europäischen Referenzrahmens. (Auszug aus dem Modulhandbuch zum Modul Französisch III des Studiengangs Languages and Business Admi­nistration an der Westsächsischen Hochschule Zwickau)
Die Formulierung der Lernziele macht deutlich, dass ein Fokus auf den Bereich der Lexik und Terminologievermittlung gelegt wird; das vermittelte lexikalische Wissen geht aber über einzelne Lexeme hinaus, da ebenfalls komplexe lexika­lische Einheiten (usuelle Wortverbindungen bzw. fachsprachliche Phraseologis­men des Französischen) thematisiert werden. Weiterhin wird der kommunikativ-pragmatischen Angemessenheit sprachlicher Äußerungen ein hoher Stellenwert zugemessen, was besonders in interkulturellen Kommunika­tionssituationen von Relevanz ist. Den Studierenden soll durch ausgewählte Übungsformen das not­wendige Rüstzeug an die Hand gegeben werden, damit sie im Fall interkulturell bedingter Konflikte im wirtschaftlichen Kontext sprach­lich adäquate Lösungs­strategien anwenden können.

Im Rahmen der Diskussion der Lernziele sei angemerkt, dass das hier vorge­stellte Konzept sowohl den engeren Ansatz der Fachsprachenvermittlung (vgl. hier den Vortrag von Jan Engberg im Rahmen der 3. Saarbrücker Fremdspra­chentagung im Jahre 20152) als auch den breiter gefassten Ansatz berücksich­tigt. Im Kontext der engeren Konzeption stehen die Ausbildung produktiver Sprachkompetenzen und der Erwerb unternehmensrelevanter Text­sorten – in enger Verzahnung mit wirtschaftlichem Fachwissen – im Mittelpunkt. Die brei­tere Dimension kommt in den Fällen zum Tragen, in denen die Studie­renden auf konkrete Situationen im Berufsalltag vorbereitet werden, z. B. beim Training von Verhandlungs- oder Bewerbungsgesprächen. Dieses Training zielt im Modul nicht nur auf eine potentielle Berufstätigkeit nach Abschluss des Stu­diums ab, sondern soll die Studierenden in der Vorbereitung ihres obligato­rischen Auslandspraktikums im sechsten Fachsemester unterstützen, das sich an das Auslandsstudium im fünften Fachsemester anschließt. Weiterhin sollen die Studierenden im Kontext des breiter gefassten didaktischen Ansatzes für die interkulturelle Dimension deutsch-französischer Wirtschaftskontakte sensibi­lisiert werden. Aus diesem Grund werden im Modul häufig Textsortenvergleiche eingesetzt, wie es im Rahmen der Vorstellung des Beispielmaterials deutlich wird. Als besonders gewinnbringend erweist sich in diesem Kontext der Ver­gleich deutscher und französischer Geschäftsbriefe sowie eine Kontrastie­rung deutscher und französischer Werbekommunikate (wie z. B. in Sitzung 7 vorge­sehen). Zur Illustration der Grundlagen des Lehrkonzepts sei auf die folgende Beispielsynopse verwiesen, die verdeutlicht, wie der Themenblock Marketing strukturiert ist und welche Übungsformen und Materialien eingesetzt werden (Tab. 1). 
 

Der Baustein Marketing wird im Rahmen von neun bis zehn Sitzungen (dies entspricht 18 bis 20 Stunden bzw. drei Semesterwochen) im Modul abge­handelt. Es wird deutlich, dass im Rahmen einzelner Themenblöcke jeweils alle Grundfertigkeiten trainiert werden. Als grundlegendes Prinzip alternieren Pha­sen des Inputs in der Einführungsphase zu neuen Themenaspekten mit ver­-

Sitzung


Inhalte
1
Einleitung Marketing: Marktakteure, Marktstudie
2

Vertiefung Marketing / Marktakteure;
Texte zu business plan, étude du marché, plan de financement, analyse concurentielle aus dem Lehrwerk Management des entreprises

3
Theorie: Marketing / Produktpolitik
4
Mündliche Kommunikation: Marketing / Produktpolitik; vanter les avantages d’un produit
Theorie: Marketing / Preispolitik
5

Vertiefung Preispolitik
Text zum Produktlebenszyklus aus Management des entreprises
Mündliche Kommunikation: Marketing / Preispolitik
Réunion: discuter la fixation du prix pour un nouveau produit
Exprimer son accord / désaccord
Besprechung sprachlicher Ressourcen im Vorfeld der Übung
6

Theorie: Marketing / Kommunikationspolitik
Formen der Verkaufswerbung
7

Vertiefung: Marketing / Kommunikationspolitik
Analyse von Werbekommunikaten
8

Theorie: Marketing / Distributionspolitik
Handelsformen
Vertiefender Text zur distribution automobile aus Management des entreprises
9

Vertiefung: Marketing / Distributionspolitik
Hörtext und Lesetext A la FNAC
Mündliche Kommunikation: Verkaufsgespräch
Lesetext Comment distribuer ses produits
Mündliche Kommunikation oder E-Mail-Austausch: discussion des avantages et des inconvénients du cybercommerce
Tab. 1: Beispielsynopse
tiefenden Texten. Dazu gehören beispielsweise Texte, die das Leseverstehen fördern, aber auch Grammatikübungen, die domänenspezifische Lexik und häufige grammatische Strukturen der französischen Wirtschaftsfach­sprache beinhalten. Ein hoher Stellenwert wird Übungen zur mündlichen Kommunikation (mit vorheriger Erarbeitung sprachlicher Ressourcen), Hörver­stehensübungen und Analyseübungen zugewiesen. Letztere legen den Fokus auf die rezeptiven Kompetenzen (z. B. zu Werbekommunikaten im Kontext der Kommunikations­politik).

4 Beispielmaterialien


Im Rahmen der Diskussion von im Seminar verwendeten Beispielmaterialien wird zunächst der einleitende Input zum Themenblock Marketing vorgestellt, der im Seminar als PowerPoint präsentiert und den Studierenden als Skript zur Ver­fügung gestellt wird. Die behandelten Inhalte stellen den Kern des Wissens dar, der in der Abschlussklausur abgefragt wird. Im Rahmen der Klausur sollen die Studierenden zeigen, dass sie sowohl die domänenspezifische Lexik als auch zentrale wirtschaftswissenschaftliche Inhalte beherrschen. Bereits in der Input­phase wird regelmäßig (durch Fragezeichenfolien, siehe unten) das Vorwissen der Studierenden aktiviert; aufgrund der Verzahnung (fach)sprachlicher, inter­kultureller und wirtschaftswissenschaftlicher Inhalte im Bachelorstudiengang kann dabei auf das Wissen rekurriert werden, das die Zielgruppe in den wirt­schaftswissenschaftlichen Schwerpunktmodulen erworben hat. Auf diese Weise soll eine passive Lernhaltung seitens der Kursteilnehmer vermieden werden. Zu Beginn des Semesters wird zudem auf die unabdingbare Voraussetzung der aktiven, mündlichen Teilnahme an der Seminardiskussion verwiesen und zu­gleich die sich daraus ergebende, zusätzliche Möglichkeit, die mündliche Aus­drucksfähigkeit in der Fremdsprache Französisch einzuüben, herausgestellt. Die erste Folie im Rahmen des Themenblocks Marketing soll ein Brainstorming initiieren und fragt zunächst global ab, welche Aufgaben die wirtschaftswissen­schaftliche Teildisziplin des Marketings nach Kenntnisstand der Studierenden hat und ob sich die Disziplin in weitere Unterdisziplinen unter­gliedern lässt:

Abb. 1: Beispielfolie: Marketing / Einleitung
Nach Abschluss der Diskussion folgt ein Definitionsvorschlag seitens der Do­zentin, der wiederum im Plenum kritisch diskutiert werden kann. Weiterhin wird den Studierenden die fachliche Untergliederung der Disziplin transparent ge­macht, so dass sie wissen, welche Inhalte sie im Themenblock Marketing im Laufe des Seminars erwarten. Neben Kaufentscheidungen geht es um Techni­ken der Marktstudie und um den Marketing-Mix, der die Säulen Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik umfasst:


Abb. 2: Beispielfolie: Marketing - Gliederung
Auch die Lernziele werden den Studierenden verdeutlicht, so dass der kriti­schen Lehrevaluation am Ende des Semesters verbindliche inhaltliche Kriterien zugrunde liegen:

Abb. 3: Beispielfolie: Marketing - Lernziele
Um das Bewusstsein für den Ursprung der Disziplin bei den Studierenden zu schärfen, wird im Seminar gefragt, seit wann – und, vor allem, aus welchen Gründen – Unternehmen Marketingaktivitäten einsetzen und weshalb die Diszi­plin an Hochschulen gelehrt wird:



Abb. 4: Beispielfolie: Marketing - Genese der Disziplin

Abb. 5: Beispielfolie: Marketing - Historischer Abriss

Der kurze Abriss der Genese der Disziplin (Abb. 5) hebt vor allem die Verschie­bung eines Verkäufermarktes, auf dem wegen der Verknappung des Warenan­gebots die Nachfrage das Angebot überstieg, hin zu einem Käufermarkt heraus. Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre läutete diesen Wandel ein, bevor sich der Handel in den 1950er Jahren – bedingt durch die Erhöhung der Kaufkraft sowie steigende Ansprüche der Konsumenten und aufgrund einer stetig wach­senden Konkurrenz – gänzlich neuen Herausforder­ungen stellen musste.


Die Kommunikationspolitik als Bestandteil des Marketing-Mix wird im Seminar vertieft behandelt, wobei Herausforderungen interkultureller bzw. globaler Kom­munikationsprozesse eine zentrale Rolle spielen. Das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zwischen Sprach- und Kulturräumen nimmt im Kontext der Globalisierung der Handelsbeziehungen einen ständig wachsenden Stellenwert ein. Eine Nichtbeachtung kulturbedingter Kommunikationsgewohnheiten des Gegenübers kann in der interkulturellen Kommunikation zu Missverständnissen bzw. zum Abbruch der Kommunikation führen (Lüsebrink 2008: 32). Um die Stu­dierenden für die Bedeutung kultureller Unterschiede in der Marketingkom­munikation zu sensibilisieren, werden im Unterricht ausgewählte deutsche und französische Kommunikationsstrategien einander gegenübergestellt. 
 

In Abb. 6 wird anhand eines authentischen Falls aus dem Jahr 2002 deutlich, welche Relevanz die kulturgeprägte Interpretation von Werbekommunikaten seitens der Zielgruppe für ein Unternehmen haben kann (vgl. dazu die Diskus­sion unter http://www.kath.net/news/3926; 01.09.2016). Einleitend sollen die Studierenden zu der Abbildung der Waschmittelpackung der Marke Arielauf der linken Seite der Folie Stellung nehmen – das Foto des israelischen Präsidenten Ariel Sharon wird erst später eingeblendet:


          Abb. 6: Beispielfolie: Kommunikationspolitik - Globales Marketing

In der Regel beschreiben die Kursteilnehmer die Abbildung als neutral, negative Assoziationen werden nicht hervorgerufen. Nach Hinzunahme der Abbildung auf der rechten Seite sollen die Studierenden die Bezüge zwischen den beiden visuellen Elementen aufzeigen. Nach einigen erklärenden Hinweisen zu der ab­gebildeten Person wird dann relativ problemlos die formale Ähnlichkeit zwi­schen dem abgebildeten Atom auf dem Waschmittelkarton einerseits und dem Davidstern als Symbol des jüdischen Volkes andererseits erkannt. Auch die Gleichheit des Produktnamens und des Vornamens der abgebildeten Person wird genannt. Die Auswirkungen dieser formalen Analogie werden von der Dozentin zusammengefasst: Während des Irakkriegs wurde die Waschmittel­marke Ariel von Ägyptern und Palästinensern boykottiert, um ihren Protest gegen den israelischen Präsidenten Ariel Sharon zu äußern. Begründet wurde der Boykott durch die von mehreren islamistischen Bewegungen gestützte Be­hauptung, das Logo ähnele dem Davidstern und das Waschmittel trage den Namen des abgebildeten Politikers. In der Folge der Proteste verzeichnete das Unternehmen Procter & Gamble bedeutende Umsatzeinbußen. Nachdem die Verantwortlichen im Unternehmen zunächst jegliche Verbindung zwischen dem Produkt- und dem Personennamen dementiert hatten und darauf verwiesen, dass es sich nicht um einen Davidstern, sondern um eine Atomstruktur handele, gaben sie dem Druck der Protestbewegung nach und änderten sowohl die Form des Logos als auch die Produktbezeichnung. Aus Sicht der Dozentin eignet sich dieses authentische Beispiel sehr gut dazu, die Verquickung globa­ler Kommunikationsprozesse mit konkreten wirtschaftlichen Folgen zu illus­trieren: Die kulturellen Präferenzen der Rezipienten müssen berücksichtigt wer­den, um auf internationalen Märkten erfolgreich kommunizieren zu können. 

Die angestellten Überlegungen leiten dann zu konkreten Beispielanalysen deut­scher und französischer Werbekommunikate über, die anhand im Vorfeld the­matisierter Kriterien kontrastiert werden. Werbekommunikate eignen sich nicht zuletzt wegen der engen Anbindung an die studentische Lebensrealität und aufgrund ihrer Kürze und relativ guten Verständlichkeit für den Einsatz im Fachsprachenunterricht3. Im Seminar werden neben Werbeanzeigen auch TV- und Radiospots eingesetzt; aus Gründen der einfacheren Darstellbarkeit bleibt die Beispieldiskussion an dieser Stelle auf statische Werbekommunikate be­schränkt.

Die Studierenden bekommen die Aufgabe, in Zweiergruppen in einem ersten Schritt zentrale Teiltexte der deutschen bzw. der französischen Werbeanzeige (Headline, Bildteil, Fließtext) zu beschreiben und in einem zweiten Schritt Erklä­rungen für eventuell nachgewiesene Differenzen zu finden. Die Ergebnisse werden im Plenum vorgestellt, wodurch sich eine weitere Gelegenheit dazu bie­tet, mündliche Ausdrucksfähigkeit und Präsentationstechniken zu trainieren. Zu­sammengefasst lassen sich nach der Arbeit im Seminar die folgenden Ergeb­nisse festhalten:
                     
Abb. 7: Werbevergleich Französisch – Deutsch
Im ausgewählten Beispiel4 geht es um die Gegenüberstellung der Werbe­strategie für ein französisches Auto, den Citroën C3. In der Headline der französischen Anzeige (Abb. 7; Nouvelle Citroën C3. Le Visiodrive) wird der Leser im ersten Teil sowohl über den Hersteller als auch über das konkret beworbene Modell informiert; sie enthält zudem im zweiten Teil den Zusatz Le Visiodrive. Weiterhin beinhaltet die Anzeige eine Sub-Headline, die den Kraftstoffverbrauch und den geringen CO2-Ausstoß dieses Modells her­ausstellt.

Anders als in der französischen Headline werden in der deutschen Anzeige (Mehr sehen von der Welt) weder die Fahrzeugmarke noch das Modell benannt. Der infinitivische Aussagesatz mit Appellfunktion stellt die Werbeaus­sage heraus, nämlich dass einerseits der Fahrer dank großer Scheiben eine bes­sere Sicht hat und dass darüber hinaus das Fahrerlebnis – das Kennenlernen neuer Orte durch Reisen mit Hilfe des beworbenen Fahrzeugs – eine wichtige Rolle spielt. Unterhalb des Bildteils ist eine zweigliedrige Sub-Headline (Der neue Citroën C3. Der Visiodrive) platziert, die eine der französischen Headline identische Struktur aufweist und den Leser über das beworbene Automobil informiert. Die Studierenden erklärten den unterschiedlichen Stellenwert der Verbrauchs- und Emissions­werte in der deutschen und französischen Anzeige mit unterschiedlich ver­laufenen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen in beiden Ländern. Wäh­rend das Umweltargument in Deutschland bereits vor mehr als zehn Jahren als zentrales verkaufsförderndes Argument für Automobile eingesetzt wurde, spielt dieser Aspekt in Frankreich erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum eine Rolle. Diese Veränderung im Umwelt­bewusstsein mag dabei von der europäischen Gesetzgebung (Festlegung einer Obergrenze für Abgaswerte) beeinflusst worden sein. Es wird hier deutlich, dass kulturelle Normen dem historischen Wandel unterliegen und kulturelle Parameter wie z. B. der Umweltaspekt in der Automobilwerbung sich auf unterschiedliche Weise in den Texten manifestieren (vgl. dazu Temath 2011: 114). Weiterhin verwiesen die Studierenden auf einen unter­schiedlichen Stellenwert des Automobils in beiden Ländern: Während das Auto in Deutschland oftmals als Statussymbol angesehen wird, bevorzugen französische Autofahrer generell kleinere und damit benzinsparende Fahr­zeuge.

Im französischen Fließtext wird der Bereich des Emotionalen sprachlich expli­ziert. Wichtig sind das Erleben und die Wirkung des Fahrzeugs auf den Fahrer (expérience sensorielle; les sensations de conduite; vivre l’expérience). Ein deutlicher Fokus liegt weiterhin auf dem Design und der Ästhetik des Citroën C3: Einzelne Merkmale der Karosserie (design avant-gardiste, un profil athlét­ique, des courbes avenantes, ergonomie, confort intérieur) werden anhand von Metaphorisierungen und Personifizierungen herausgestellt. Im Vergleich zum deutschen Fließtext wird der bereits in der Headline themati­sierte Umweltaspekt wiederaufgenommen (Avec une technologie au service de l’environnement […] son moteur n’émet que 99g de CO2/ km et ne consomme que […]). Das zentrale Verkaufsargument der deutschen Anzeige – die große Windschutz­scheibe – wird im französischen Fließtext lediglich zweimal erwähnt (pare-brise und surface vitrée). Was die verbale Interaktion mit den Adressaten angeht, so wendet sich der französische Fließtext zweimal anhand von Perso­nalpronomina bzw. Imperativen an das Zielpublikum ([…] vous invitent à vivre l’expérience; Laissez-vous surprendre). 
 

Im Fließtext der deutschen Anzeige schafft das Wortfeld Sehen Textkohärenz; durch ein semantisches Wortnetz (Windschutzscheibe, Panorama-Rundum­sicht, Aussichten, Lichtblick) wird der zentrale Produktvorteil aus der Headline aufgenommen und sprachlich ausgestaltet. Design-Aspekte scheinen keine Rolle zu spielen, hingegen werden gezielt einzelne Ausstattungsdetails, auf den Innenraum und das Platzangebot des Fahrzeugs bezogen, aufgegriffen (Raum­konzept, kompakte Außenmaße, großzügiger Innenraum). Als weiteres Argu­ment tritt der Fahrspaß auf. Ebenso wird der geringe CO2-Ausstoß erwähnt, der in der französischen Headline prominent platziert ist, im deutschen Beispiel je­doch eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Die einzige Form der Adressatenorientierung befindet sich am Ende des Fließtextes, wenn der Rezi­pient in Form eines Aussagesatzes zur Probefahrt aufgefordert wird (Mehr vom Citroën C3 sehen Sie bei einer Testfahrt oder schon ab € 12.700,-).


Die Studierenden arbeiteten heraus, dass hinsichtlich der nachzuweisenden Kommunikationsinhalte das Verkaufsargument des Designs bzw. der Ästhetik in der französischen Anzeige bedeutender zu sein scheint als in der deutschen Anzeige, in der die nüchtern-sachliche Auflistung einzelner Produktvorteile zu beobachten ist. Erotisierungen des beworbenen Fahrzeugs bzw. Personifi­zierungen, wie sie sich im französischen Beispiel nachweisen lassen, liegen im deutschen Beleg ebenfalls nicht vor. Auch die unterschiedlichen Kommunika­tionsstile wurden identifiziert und festgehalten, dass die verbale Interaktion mit dem Zielpublikum im Französischen als direkter, expliziter und personalisierter zu charakterisieren ist.


Was die visuellen Anzeigentexte angeht, so lässt sich feststellen, dass sich in der französischen Anzeige in der Windschutzscheibe des beworbenen Fahr­zeugs Wolken vor blauem Himmel spiegeln. Diesen visuellen Anzeigenteil brachten die Studierenden inhaltlich mit dem in der Headline angeführten Um­weltargument in Verbindung und stellten heraus, dass auf diese Weise Raum für freie Assoziationen des Rezipienten bleibt. In der Frontscheibe des ebenfalls schwarz lackierten Citroën der deutschen Anzeige ist der Eiffelturm in Regen­bogenfarben zu erkennen, während in den Seitenscheiben die Silhouette fran­zösischer Bürgerhäuser, wie sie sich am Seineufer befinden, sichtbar ist. Durch die Abbildung eines Nationalsymbols des Eiffelturms wird auf das Eskapis­musbedürfnis der deutschen Rezipienten angespielt, die von der französischen Hauptstadt fasziniert sind und diese in der Regel mit aus­schließ­lich positiven Assoziationen verbinden. Das bewusst offen formulierte Mehr sehen von der Welt in der Headline erfährt somit durch den visuellen Anzeigen­teil eine Konkre­tisierung bzw. Exemplifizierung. 


Die Studierenden erkannten, dass im visuellen Anzeigenteil der französischen Anzeige keine nationalen, typisch französischen Elemente abgebildet werden, und erklärten dies unter anderem damit, dass der französische Charakter des beworbenen Automobils (la francité) für den deutschen Markt gezielt hervor­gehoben werden soll. Positive Attribute, die die Leser mit Frankreich im Allge­meinen und mit Paris im Besonderen verbinden, sollen auf diese Weise auf das Produkt übertragen werden. Die Studierenden merkten zudem an, dass die Abbildung des Eiffelturms in Frankreich vermutlich nicht nur wirkungslos bliebe, sondern abwehrende Reaktionen hervorrufen könnte, da sich aufgrund des immer noch zentralistisch organisierten Staates Paris als Hauptstadt, in der die wichtigsten Institutionen – und damit die gesellschaftliche und politische Macht – angesiedelt sind, in einem Konkurrenzverhältnis zu den Provinzstädten befindet. Schließlich ist Paris für viele Franzosen aufgrund der schwierigen Lebensverhältnisse (z. B. hohe Lebenshaltungskosten, Stress, problematischer Wohnungsmarkt) negativ konnotiert. 
 

Ergänzend zum Vergleich von Werbeanzeigen aus Deutschland und Frankreich werden im Seminar andere mediale Formate sowie Werbebotschaften aus der außereuropäischen Frankophonie zur Diskussion gestellt. Die Plakatwerbungen des Citroën C3 Visiodrive (Abb. 8) fanden sich im April 2009 auf der franzö­sischen Karibikinsel Guadeloupe und sollen nochmals die Adaptierung von Werbebotschaften, auf die Beispiele bezogen im visuellen Teil, verdeutlichen:  

Abb. 8: Werbevergleich Französische Antillen
Im Beispiel erfolgt eine Anpassung an die geographischen und klimatischen Be­dingungen der französischen Antillen. Einem mitteleuropäischen Rezipienten würde sich die Abbildung von Palmen bzw. eines tropischen Sonnenuntergangs im Kontext einer Automobilwerbung eines französischen Herstellers vermutlich nur schwer erschließen.

Neben Werbeanzeigen und den bereits angesprochenen Werbespots werden im Seminar weitere unternehmensrelevante Texte bzw. Textsorten eingesetzt, so z. B. Unternehmens-Homepages, die hinsichtlich ihrer Farbgebung, ihrer Struktur, ihrer Inhalte und der sprachlichen Form (Deutsch-Französisch) mit­einander verglichen werden. Die Analyse von Unternehmenswebseiten bereitet dabei nicht nur auf eine mögliche Berufstätigkeit nach dem Studium vor, son­dern ergibt sich aus der Erfahrung, dass viele Studierende im Rahmen ihres Frankreich-Praktikums mit der Konzeption des deutschsprachigen Internet-Auftritts ihres Unternehmens beauftragt werden. In diesem Kontext ist es hilf­reich, mit den wichtigsten Unterschieden zwischen dem deutschen und dem französischen Sprach- und Kulturraum vertraut zu sein5. Der Tatsache, dass Unternehmen soziale Medien als kostenlose und zusätzliche Kommunikations­kanäle mit ihren Kunden nutzen, wird im Modul ebenfalls Rechnung getragen, wenn beispielsweise deutsche und französische Kundenbeschwerden auf Facebook in unterschiedlichen Branchen beschrieben und hinsichtlich der Krite­rien Angemessenheit und Höflichkeit miteinander verglichen werden. Ergän­zend zur sprachlichen Analyse in Kleingruppen werden im Plenum die Vor- und Nachteile diskutiert, die das Nutzen sozialer Medien für die Unternehmens­kom­munikation beinhaltet. Ein bedeutendes Risiko, das sich aus negativen Kom­mentierungen der Unternehmensaktivität ergibt, stellen der Imageverlust bzw. konkrete wirtschaftliche Verluste für das Unternehmen dar6. Durch die In­tegration von Unternehmenskommunikation im virtuellen Raum wird u.a. der Forderung von Busch-Lauer (2014) nach der Einbeziehung digitaler, multimoda­ler Kommunikationsplattformen und der dazugehörigen Texte in den Fremd­sprachenunterricht (Stichwort Fachkommunikation 3.0) Rechnung g­tragen. 
 

Abschließend soll an dieser Stelle ein Beispiel für eine Übung zum Training der mündlichen Kommunikationsfähigkeit vorgestellt werden:
Discussion avec un fournisseur

Rolle A (Kunde)
Sie haben für Ihr Unternehmen neue Büromöbel bei einem Lieferanten bestellt, mit dem Sie seit vielen Jahren sehr gut zusammen arbeiten. Doch dieses Mal ist bei der Lieferung etwas schief gegangen: Nicht nur sind die Möbel einige Tage zu spät bei Ihnen eingetroffen, ein gutes Drittel der gelieferten Tische weist zudem Trans­portschäden auf, und die Bürostühle entsprechen nicht dem von Ihnen gewünsch­ten Modell.
Bereiten Sie Argumente für ein Beschwerdegespräch vor, in dem Sie höflich, aber bestimmt deutlich machen, welche Konsequenzen sich aus der schadhaften Liefe­rung für Ihr Unternehmen ergeben und bitten Sie um eine zeitnahe Regulierung des Schadens. Betonen Sie gleichzeitig, dass Ihnen an einem Weiterbestehen der bisher guten Geschäftsbeziehung gelegen ist.

Rolle B (Lieferant)
Sie haben einem langjährigen Kunden Büromöbel geliefert, mit dem Sie seit vielen Jahren sehr gut zusammen arbeiten. Doch dieses Mal ist bei der Lieferung etwas schief gegangen: Nicht nur sind die Möbel einige Tage zu spät bei dem Kunden eingetroffen, ein gutes Drittel der gelieferten Tische weist zudem Transportschä­den auf, und die Bürostühle entsprechen nicht dem vom Kunden gewünschten Mo­dell.
Der Kunde ist sehr verärgert und fordert eine zeitnahe Regulierung des Schadens. Sie zeigen Verständnis, da Sie die langjährige Geschäftsbeziehung nicht gefähr­den möchten, machen aber auch deutlich, dass Sie im Rahmen der Bestellung erstmals mit einem neuen Subunternehmer (le sous-traitant) gearbeitet haben und daher nicht die volle Verantwortung für die Beschwerde übernehmen können.
Schlagen Sie einen Kompromiss vor.

Es handelt sich hierbei um ein Rollenspiel, das thematisch im Bereich der Distri­butionspolitik zu verorten ist. Im angeführten Beispiel (Diskussion mit einem Lieferanten) bekommen die Studierenden entweder die Rolle des Kunden oder diejenige des Lieferanten zugewiesen, ohne im Vorfeld darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, welche kommunikative Strategie ihr Gegenüber verfolgen wird. Die Rollenbeschreibungen verfolgen gezielt konträre Positionen, und die Aufgabenstellung sieht statt eines Abbruchs der Geschäftsbeziehung das Er­arbeiten eines Kompromisses vor, so dass die Studierenden gezwungen sind, stichhaltige Argumente zu sammeln und angemessen zu versprachlichen, ohne dabei jedoch ihr eigenes Anliegen aus dem Blick zu verlieren. Die Rollen sind bewusst auf Deutsch beschrieben (mit Ausnahme der Fachterminologie, die im Vorfeld nicht besprochen wurde; diese wird angegeben), damit die Studie­renden ihr im Seminar erworbenes Wissen aktivieren und vertiefen können. Nach einer fünfzehnminütigen Vorbereitungsphase werden die Gesprächspaare willkürlich zusammengestellt, um zu vermeiden, dass die Stu­dierenden vorfor­mulierte Gespräche anfertigen und diese dann schlicht und einfach ablesen. Die Erstellung von Notizen während des Gesprächs ist erlaubt. Unmittelbar nach dem Rollenspiel werden grobe Verstöße gegen Grammatik und Lexik be­sprochen und die kommunikative Angemessenheit der gewählten sprachlichen Ressourcen im Plenum diskutiert.


5 Die studentische Evaluierung des Moduls


Nachdem im vorhergehenden Kapitel ausgewählte Lehrmaterialien und Übungs­formen vorgestellt worden sind, die sich aus Sicht der Dozentin als geeignet erweisen, mit den Studierenden grammatische, lexikalische und textuelle Spe­zifika des Wirtschaftsfranzösischen zu thematisieren und einzuüben, sollen an dieser Stelle kurz einige Kommentare aus den studentischen Evaluierungen (aus dem Wintersemester 2014 / 2015) angeführt werden. Gelobt wurden in vielen Fällen der Methodenmix und der Einsatz vielfältiger Lehrmaterialien:
Gut fand ich, dass wir nicht immer nur Grammatikübungen machen mussten, son­dern dass wir diskutieren, interessante Texte lesen und auch eigene Analysen durchführen konnten.
Aus dieser Bewertung wird zudem deutlich, dass die Studierenden die Durch­führung eigener Textanalysen als dem Lernerfolg zuträglich ansehen. Diesen Eindruck vermittelt auch folgender Kommentar:
Die eigene Untersuchung von Werbeanzeigen fand ich spannend. Man hat eigene Ergebnisse herausbekommen und man hatte das Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen.
Die Relevanz der eingesetzten Texte für den Alltag und die spätere Berufs­tätigkeit der Studierenden wurde also durchaus erkannt. Als positiv empfunden wurde zudem das Korrekturverhalten der Dozentin während der Phasen, in de­nen die mündliche Kommunikationsfähigkeit trainiert wurde:
Mir hat gefallen, dass die Dozentin uns erst einmal hat diskutieren lassen und dann hinterher wichtige Fehler mit uns an der Tafel besprochen hat. So hat man weniger Angst, vor den Anderen zu sprechen. Auch wurde uns so klar, welche Be­reiche wir besonders nacharbeiten sollten, was wichtig ist im Umgang mit fran­zösischen Geschäftspartnern.
Angesprochen wurde in einigen Evaluierungsbögen auch die gelungene Verbin­dung von Theorie bzw. Inputphasen und praktischen Übungen:
Ich konnte nach den Skripten der Dozentin viel besser verstehen, worum es in den Grammatikübungen geht und was die Fachbegriffe bedeuten.
Die Skripte schienen jedoch ambivalent zu sein, da sie von einigen Studie­renden als zu anspruchsvoll, theorielastig und umfangreich empfunden wurden:
Die Folien, die die Dozentin zur Verfügung gestellt hat, waren viel zu schwierig, und ich dachte, dass ich das alles bis zur Klausur nicht lernen könnte.
Es wäre also vielleicht sinnvoll, Inhalt und Umfang des theoretischen Inputs zu überdenken und ggf. anzupassen. Abschließend sei auf die kontrovers disku­tierte Bewertung der Fragezeichenfolien verwiesen, deren Ziel es war, das Vor­wissen der Studierenden zu aktivieren. Während einige Kursteilnehmer genau diesen Aspekt als hilfreich empfanden, fühlten sich andere Lernende davon überfordert:
Ich habe nicht ganz verstanden, warum wir teilweise schon Sachen wissen sollten, obwohl es doch Aufgabe des Seminars war, das zu lernen. Das war manchmal frustrierend.
Ein Lösungsansatz für diese Problematik könnte darin bestehen, gezielter in den Modulhandbüchern zu recherchieren oder im Vorfeld bei den Studierenden abzufragen, welche Inhalte ihnen bereits aus den betriebswirtschaftlichen Lehr­veranstaltungen bekannt sind.

6 Zusammenfassung


Nach der Erprobung des Unterrichtskonzepts mit mehreren Kohorten Studie­render hat sich der Einsatz der hier beschriebenen, großen Bandbreite didak­tischen Materials und unterschiedlicher Übungsformen als geeignet erwie­sen, die anvisierten Lernziele im Modul Französisch III – speziell bezogen auf den Themenblock Marketing – zu erreichen. Durch die Alternierung von Phasen theoretischen Inputs – die aber wiederum das Vorwissen der Studierenden aktivieren – mit vertiefenden Lese- und Hörverstehenstexten sowie mit Übungen zur mündlichen Kommunikationsfertigkeit und eigenen, in Klein­gruppen durchgeführten Textanalysen können sowohl die rezeptiven als auch die produktiven Fertigkeiten der Studierenden gefördert werden. Zudem bietet die hier vorgestellte didaktische Konzeption die Möglichkeit, komplexes be­triebswirtschaftliches Fachwissen in motivierender Form mit der Vermittlung der Fachsprache Wirtschaftsfranzösisch zu verbinden. Als besonders motivations­steigernd haben sich im Kontext des Themenblocks zur Kommuni­kationspolitik die studentischen Analysen von Werbekommunikaten sowie der deutsch-französische Vergleich von Unternehmens-Homepages und der Unternehmens­kommunikation in den sozialen Medien (z. B. Facebook und Twitter) erwiesen, da solche Texte nah am Lebensalltag der Studierenden zu verorten sind. 
 

Problematisch erscheint hingegen der relativ knapp bemessene Zeitrahmen für den Themenblock Marketing, da im Laufe des Semesters alle in der Modul­beschreibung genannten betrieblichen Funktionen thematisiert werden müssen. Weiterhin ist zu konstatieren, dass auf Seiten der Studierenden eine Hemm­schwelle besteht, aktiv an mündlichen Kommunikationsübungen teilzu­nehmen. Die Erkenntnis, dass das Einüben dieser Fertigkeit im geschützten Rahmen des Seminars Schwierigkeiten reduzieren kann, die im Verlauf des obligatorischen Auslandsjahrs auftreten, überzeugt die Teilnehmer aber in den meisten Fällen von der Sinnhaftigkeit dieser Übungsform. Zudem nimmt sich die Dozentin in den Gesprächssimulationen zumeist deutlich zurück und fun­giert nur in Aus­nahmefällen als fingierte Gesprächspartnerin. Auch die Korrektur mündlicher Sprachäußerungen zielt nicht darauf ab, jedweden sprachlichen Verstoß im Detail zu sanktionieren, sondern legt den Fokus auf systematisch auftretende Problemquellen in den studentischen Äußerungen, die nach Beendigung der Kommunikationsübungen als Block aufgearbeitet werden. Kritisch bemerkt werden kann zudem, dass das Skript – in Abhängigkeit von dem jeweiligen Themenschwerpunkt – viel Fachlexik enthält, wodurch das Gefühl der Über­forderung entstehen kann. Nach Auffassung der Autorin handelt es sich dennoch um eine sinnvolle Methode, Termini und fachsprachliche Kollokationen zunächst kontextgebunden – d.h. in Verbindung mit dem betriebswirtschaft­lichen Fachwissen – einzuführen und im Anschluss anhand unterschiedlicher schriftlich und mündlich realisierter Texte zu festigen. Die Vorteile beispiels­weise gegenüber dem Lernen mittels Vokabellisten sind nicht von der Hand zu weisen. Abschließend sei der Vorteil des didaktischen Ansatzes hervorge­hoben, anhand der ausgewählten Texte nicht nur die fach­sprachlichen Kompe­tenzen zu schulen, sondern die Studierenden für die interkulturelle Dimension wirtschaftlicher Kommunikationsprozesse in einem globalisierten Kontext zu sensibilisieren.

Bibliographie


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1 Neben dem Französischen können die Studierenden im Bachelorstudium den spani­schen und chinesischen Sprach- und Kulturraum wählen.

2 Dieser Vortrag (Engberg 2015) befindet sich in seiner Textfassung (Engberg 2016: 427-441) ebenfalls im vorliegenden Band.
3 Zu den Vorteilen, die die Arbeit mit Werbebotschaften im fremdsprachlichen Unter­richt bietet, siehe im Detail Rentel (2012).

4 Siehe dazu auch die Diskussion in Rentel (2012). Aufgrund der Manifestation kultureller Besonderheiten auf allen untersuchten Ebenen des Textes erscheint dieses Anzeigenpaar als besonders geeignet für die Erreichung der Lernziele und wird daher im Modul regelmäßig eingesetzt; insbesondere die Widerspiegelung von Nationalstereotypen durch den Gebrauch des nationalen Symbols des Eiffelturms im visuellen Teiltext bietet sich für die Seminardiskussion an.

 5 Eine detaillierte Kontraststudie zum Webseitenauftritt deutscher und französischer Banken liefert Reutner (2014); in Bezug auf Überlegungen zum Einsatz von Unter­nehmens-Webseiten im Fachsprachenunterricht vgl. Rentel (2015)

 6 Zum Konzept des electronic-word-of-mouth vgl. Hennig-Thurau et al. 2004: 42.